Ich könnte eine Menge schreiben, aber….

Man soll ja nichts absenden, was wütend geschrieben wurde. Und so sind bisher so einige Texte entstanden, die darauf warten veröffentlicht zu werden. Das problem ist, immer wenn ich anfange zu schreiben, muss ich auch recherchieren. Und wenn ich recherchiere, werde ich wütend.

Unterm Strich ist mir in den letzten Monaten alles zu viel. Mein Handy ist voll von sortierten Screenshots- Nazikommentaren und die geballte Kraft jener, bereitet mir Sorge.

Manchmal kommentiere ich auch hier und da. Wird aber direkt gelöscht. Direkte Worte gegen Nazis werden offenkundig nicht gern gesehen. Aber das hier ist meine Platform. Und hier muss ich nicht schreiben „die Person ist politisch n bisschen rechts, aber doch nur, damit es mit unserem Land wieder bergauf geht…is also was gutes“ NEIN! Ich kann hier schreiben, dat sind fuckig NAZIS, und davon ganz schön viel.

Ich mein, was ist denn los mit dem Leuten? Ein paar dumme Hühner gibts immer, aber warum zum fliegenden Spaghettimonster werden das immer mehr? Und warum befürworten ganz normale Leute, meine und deine Nachbarn es, dass behinderte Kinder kein Recht auf Bildung haben? Ausländer auch nicht (und dabei sind halt echt alle angesprochen, ist egal ob du in der 50. generation in Deutschland wohnst und deinen Rasen mit ner Nagelschere perfektionierst, oder ob du innerhalb weniger Monate besser deutsch sprichst, als jene, die sich als reinrassige Arier bezeichnen.)

Ich werd schon wieder wütend. Dabei hab ich jetzt nicht mal recherchiert.

Unterm Strich wird mir alles zu viel. Und ich habe Angst. Werden wir wieder in eine Zeit kommen, in der es legal ist, Ausländer sowie nicht-Christen zu töten, in der Behinderte Kinder in Kinderfachabteilungen „versorgt“ werden? In der auch an erwachsenen behinderten Experimente durchgeführt werden/Erwachseneneuthanasie? In der LGBTQ+ in jeder Form unter Strafe steht? In vielen Köpfen ist das so.

Ich denke nicht mal bewusst. Und das ist auch ein Problem. Viele stellen sich auf die Seite von Nazis und wissen eigentlich gar nicht genau, welchen scheiss die da glauben. War damals auch so. Aber hey: haben wir heute nicht deutlich mehr Zugang zu Bildung als damals? Darf jeder drauf zugreifen. Auch Nazis.

Als Mensch mit Behinderung macht mir das Angst. Und ich verstehe nicht, warum das vielen anderen keine Angst bereitet. Ich mein, wir leben schon in nem System, das genannte Menschengruppen und mehr benachteiligt. Du bekommst schlechter nen Job, ne Wohnung, wirst nicht angemessen beim Arzt behandelt. Und oft kann man nicht mal durch die Stadt gehen, ohne dumm begafft zu werden, ohne dass getuschelt wird oder du gar angegriffen wirst. Natürlich bekommt das kaum jemand mit, weil diese Leute- Betroffene- keine Stimme bekommen.

Und ist das wirklich das, was Naziprotestwähler wollen? Scheisse, wählt meine Katze, eure und Nachbars Pudel…aber benutzt euer Hirn doch kurz zum denken…jeder kennt jemanden, der unter diesem bereits benachteiligendem System leidet. Soll das wirklich noch schlimmer werden?

Jeden Tag lese ich von neuen Anhängern, verfolge Demos. Und wenn man dann persönlich mit den Leuten spricht, dann sagen sie „ne, dich meinen wir nicht, wir schließen niemanden aus“…und zeigen dann den Vorzeigeausländer und den Vorzeigehomosexuellen vor. Damit die Leute den scheiss auch glauben.

Abschließend kann man dann nur sagen: bete, dass dein Kind nicht gehörlos auf die Welt kommt und deshalb auf ne Sonderschule ohne Chance auf Abschluss muss. Pardon. Wir sagen ja das nettere Wort Förderschule. Warum mich das persönlich so betroffen macht ist, dass ich selbst autistisch bin. Und jemand wie ich auf ne Förderschule gesteckt wird oder gar von der Schulpflicht befreit wird / nicht beschulbar ist.

Statt den Lehrerberuf attraktiver zu gestalten und die pädagogische Ausbildung auch auf Menschen mit Behinderung (körperlich, geistig, seelisch) zu erweitern, wird gesagt, dass Lehrer überfordert sind und Kinder, die nach Nazistandard nicht perfekt sind, separiert werden. Und dann wird DAS Förderung genannt. Das jeder Mensch auf deine Weise Potential bietet ist völlig egal.

Btw: meine Schulnoten waren eher Durchschnitt bis schlecht. Warum? Weil ich mit Aufgaben, für die wir ne Schulstunde lang Zeit investieren sollten, nach 5-10 Minuten fertig war. Dann habe ich vor gearbeitet und dafür Ärger bekommen. Na, dann habe ich halt gemalt. Und was der Lehrer gesehen hat, war ne faule dumme Schülerin, die nicht mitmacht.

War in der Erwachsenenbildung dann besser. Bin dann auch „ne Fachkraft der Zukunft“ geworden. Aber ich weiß wie hart das war. Wegen dem System und den Menschen, die diesem folgen. Und es zerreißt mir das Herz, dass Kinder heute noch immer darunter leiden. Dass die am Ende auch völlig kaputt dastehen, nur um irgendwie reinzupassen.

Ich mache Lehrern keinen Vorwurf. Dem System aber schon. Und ganz allgemein entwickelt sich dieses zurück.

12 Kommentare

  1. Du sprichst mir aus der Seele. Das Land rutscht nach rechts und verblödet immer mehr. Plötzlich ist ein vogue, was man früher nur dachte, oder vielleicht am Stammtisch verhandelte. Die sozialen Medien sind voll von Soziopathen, die sich gar nicht mehr bemühen, ihre kruden Ansichten zu beschönigen. Der allgemeine Diskurs verroht immer weiter. Aber eigentlich reden die Menschen nicht mehr miteinander, sondern blöken aneinander vorbei – es ist zum speien, grrrrr 🙄

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  2. Du bist einer der wenigen Menschen, die zu ihrer Meinung stehen und diese auch kundtun. Das mag ich und das macht dich direkt sympathisch.

    Ich kann deine Bedenken verstehen. Irgendwie tauchen immer mehr Menschen auf bei denen man sich fragt, ob sie erst mehrfach gegen den Türrahmen rennen, bevor sie es nach Draußen schaffen. Das Schlimme ist ja, dass diese Individuen irgendwann Kinder bekommen und ihre „spezielle“ Weltanschauung weiter geben.

    Neben der Denkproblematik kommt noch dazu, dass Menschen immer weniger Rücksicht zeigen, weil sie entweder zu sehr mit sich selber beschäftigt sind oder einfach keinen Bock haben andere zu unterstützen oder zumindest etwas Feingefühl an den Tag legen. Erfahre ich als Autist kaum. Entweder ich mache es so wie jeder andere auch, ohne zu wissen, warum wieso weshalb und quäle mich dabei, oder lass es bleiben. Mag ja sein, dass die Masse bestimmten Regeln und Verhaltensmustern folgt, aber Menschen im Spektrum wie du und ich können sich damit weder identifizieren noch mithalten. Unser Verstand und unsere Wahrnehmung funktionieren nun mal anders. Glücklicherweise hat unsere Regierung in Österreich mittlerweile mitbekommen, dass es Autisten gibt und führen dementsprechend immer mehr Freiräume ein. Stille Stunde, Weiterbildungen für Psychologen mit eben jenem Schwerpunkt, barrierefreie Geschäfte, etc.

    Es wird. Es ist aber noch ein weiter Weg. Vor allem aus menschlicher Sicht.

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  3. Ich finde Deine Einstellung gut und richtig. Die Klappe halten, das kennen wir doch aus der Nazi-Zeit und der DDR: dann machen sie doch Grad mit uns, was sie wollen. Das Schema ist das gleiche wie bei der Kirche: im späteren/ neuem Leben mit ihnen wird alles besser. Aber Pustekuchen, Schnauze halten ist dann angesagt und Bedrohung der restlichen Familienmitglieder und mit Hurra in den nächsten Krieg, bei dem nicht sie, sondern wir das Kanonenfutter sind.

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  4. Oh, mit den Sorgen bist du nicht alleine! Ich komme mir zuweilen auch wie in der Twilightzone vor, wenn ich sehe und höre, was Leute für akzeptabel, wählbar oder tolerierbar halten, hinter welche Geisteshaltungen sie sich stellen und diese mittragen.
    Auch die Protestwahlbehauptung ist Unfug. Es gibt genug Alternativen, die „sonstigen“ Parteien kommen locker auf 10%, wenn die Hälfte derer, die behaupten, aus Protestgründen die AfD zu wählen, einer dieser Parteien ihre Stimme gäbe, kämen problemlos welche davon über die 5% Hürde. Aber die Slogans und Sprüche von rechts scheinen doch mehr zu locken.

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  5. Liebe Amy, ich verstehe Dich so gut. Ich könnte auch oft schreien. Vielleicht braucht es einfach einen neue Revolution. Und Du scheinst doch genau den richtigen Ansatz zu haben. Also sei bitte weiter wütend. Nur den wütenden Menschen hört man zu, und den größten Schreihälsen wird geglaubt.

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    1. „Sei deinen Freunden nah, deinen Feinden noch näher“ weiß gerade gar nicht, woher dieser Spruch kommt, aber er ist wahr. Ich befasse mich damit, weil es seitens der Medien im Grunde gar kein Entkommen davor gibt. Und auch die Menschen reden massenhaft darüber, befürworten die Aussagen. Ich habe aber tatsächlich auch überlegt, ob ich darüber überhaupt schreiben will, weil ja auch das eine Platform bietet. Aber gar nichts gegen diesen Irrsinn zu sagen fühlte sich dann auch nicht richtig für mich an. Besonders weil rechts immer lauter wird.

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  6. Es gibt keine Naziprotestwähler! Wer die wählt, macht es, weil er rechts denkt. Wer Protest wählt, gibt seine Stimme irgendeiner der kleinen Splitterparteien oder enthält sich.

    Hast du hier auf deinem Blog Probleme? Wenn ja, kannst die Kommentare auf Moderation schalten. Dann tauchen die erst auf, wenn du sie freischaltest.

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    1. Danke, das mit der Moderation mache ich schon lange so, weil doch ab und an merkwürdiges kommt. Aber in diesem Bezug nicht.

      Protest-gegen-rechts wählen ist tatsächlich inzwischen nicht mehr enthalten oder eine kleine Partei wählen, leider, denn die sind ungeeignet für mögliche Koalitionen (die berühmten 5%) Man müsste eine bereits größere Partei wählen, damit diese ggf. mit anderen Parteien stärker bleibt als (an dieser Stelle ungenannte 😉) Rechte. Da kann man sich halt aussuchen, wer am wenigsten schlimm ist.

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      1. Natürlich sind die Kleinen ungeeignet für Koalitionen, da sie die 5% nicht schaffen.
        Nächstes Jahr wird es erst richtig böse, wenn in Ostdeutschland gewählt wird…

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  7. 😘 wir sind da ganz bei Dir! Das was Dir passiert ist in der Schule, tut mir leid, und ja Du hast Recht das ist heute auch noch so, mein Kind ist noch in der Schule und als hochbegabter Aspi kann ich nur sagen, es gibt heute auch noch Lehrer die da keine Ahnung haben … und ja ich kenne auch eine Mutter deren Kind gilt als unbeschulbar, das wird leider nicht besser.

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    1. Danke. Aber muss dir nicht leid tun. Inzwischen konnte ich mir selbst helfen. Was leid tut ist, dass ich und auch viele andere erwachsene genau wissen, wie es nun den Kindern geht. Dein Kind und das Kind der anderen Mutter. Und all die anderen, die diesen schweren Weg, der oftmals im Erwachsenenalter erst mal in einer Therapie mündet, noch vor sich haben. Das muss nicht sein. Jedes Kind kann etwas lernen. Und jedes hat ein Recht auf Bildung. Mir macht es Sorge, dass dieses System, was eh schon Kinderunfreundlich ist – noch mehr gegen Kinder mit Behinderung – momentan tendenziell noch schlechter werden soll. Das darf nicht passieren. Inklusion und Integration ist nicht unmöglich. Manchmal sind es sogar nur Kleinigkeiten, die den Schulalltag angenehmer gestalten.

      Wenn ich aber bedenke, dass es noch immer Lehrer gibt, die den Toilettengang verwehren, dann weiß ich auch nicht.

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