Diesen Satz hat jede/r Autist:in schon mal gehört. Genau so, oder in ähnlicher Form. Und darauf stellt sich dann die Frage, wie man denn autistisch aussieht?! Es ist eben eine Behinderung, die man nicht sehen kann. Und genau dazu ist mir eine Theorie eingefallen, weil ich Nachts offenbar nichts besseres zu tun habe, als darüber nachzudenken. 😉
Denn ich finde, man sieht sehr wohl autistisch aus. Damit ist nicht das Aussehen gemeint. Aber ein Mensch ist mehr, als sein Aussehen. Man besteht aus Mimik, Gestik, aus nonverbaler Kommunikation, na und auch aus verbaler Kommunikation. Man kleidet sich, man trägt seine Haare irgendwie, man bewegt sich durch den Alltag. Und man wirkt auf seine Umgebung, auf seine Mitmenschen. Und genau das ist der Punkt. Nicht nur andere Autisten erkennen häufig ihre „eigene Spezies“, auch die nicht autistischen Menschen da draußen erkennen uns. Erkennen uns als etwas, das irgendwie anders ist, anders funktioniert.
Ich erlebe es selbst häufig, höre das selbe aber auch oft von anderen Autist:innen: Wir können Menschen begeistern, faszinieren, oftmals in einem Bereich, in dem wir sehr gut sind. Meist dann ein Spezialinteresse betreffend. Nur dreht sich nicht jeder Kontakt ausschließlich um dieses Interesse. Die meisten Autist:innen haben Erfahrung damit, gemobbt zu werden (Schule oder Arbeitsplatz), irgendwo im Alltag schlecht behandelt zu werden, unfair, unverstanden/missverstanden. Oft ist es dann so, dass es dafür gar keinen genauen Grund gibt, oder man als Autist:in diesen nicht versteht.
Gewissermaßen sieht man also eben doch autistisch aus. „Du guckst aber böse“ – nein, ich konzentriere mich nicht auf meine Maske, sondern auf das, was du sagst oder auf das, was ich mache. „Dein Verhalten (oder das was du sagst) ist rücksichtslos/böse/nervig“ – nein, ich rede darüber, wie ich die Dinge wahrnehme. Aber du kannst mir deine Wahrnehmung erklären. (Dazu kommt es oftmals nicht, weil man nach meiner Erfahrung schnell ‚unten durch‘ ist). Geschlechterrollen ergeben für viele Autist:innen keinen Sinn, einige sind sogar nicht binär oder sonst wie Queer (dazu werde ich einen Beitrag schreiben). Äußerlichkeiten entsprechen oftmals nicht der Norm, dem, was der Gesellschaft gefällt oder was sie von einem erwartet.
Irgendwie fällt man auf, auf die ein oder andere Weise. Meine Behinderung wird für andere Menschen sichtbar, sobald ich den Mund aufmache und Wörter rauskommen, mich unmaskiert zeige, mich bewege, kommuniziere. Und sie eckt schnell an, sobald diese Wörter nicht mein Spezialinteresse betreffen. Dann braucht man dieses Fingerspitzengefühl, diese Empathie, die gar nicht so leicht zu erlernen ist. Im Allgemeinen ist das Verhalten, das Auftreten oft nicht der Norm entsprechend, nicht angebracht, unpassend, unhöflich, etc.
Die Leute denken wohl nicht „Ah, die ist autistisch“, sie denken eher, „die komische Person“ (etc.). Man sieht also irgendwie autistisch aus, obwohl man ja gar nicht autistisch aussieht. 😉
Kann man Empathie überhaupt erlernen – entweder man hat sie, oder eben nicht ?
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Ich habe gelernt, auf das ein oder andere emphatisch zu reagieren. Je besser ich eine Person kenne, desto leichter fällt es. Aber im allgemeinen habe ich das gelernt, besonders in und für meinen Beruf.
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Was für einen Beruf hast Du, wenn man fragen darf ?
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Ich bin Pflegefachkraft im Nachtdienst in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung.
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Aha, da brauchst Du allerdings Empathie. Jetzt weiß ich, warum Du dir die Nächte um die Ohren schlägst…
Ich habe auch schon nachts gearbeitet: es ist schwer aus diesem Kreis wieder auszubrechen. Aber ich bin eh eine Nachteule… 😉
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Das bin ich auch. Schon lange vor der Nachtschicht. 🙂
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