Ein kurzer Beitrag zum Thema Routinen und Struktur – und wie das bei mir so ist.
Oft wird vermutet, dass Autist:innen eintönig sind, dass der Tagesablauf immer gleich ist, wegen der Routinen. Dem ist aber nicht so. Insbesondere dann nicht, wenn sich zum Autismus noch AD(H)S gesellt. Oder psychische Erkrankungen (Depressionen, PTBS, etc.) Vielen Autist:innen fällt es nicht schwer, Routinen zu entwickeln, meistens kommt das ganz von selbst. Sie sind da und dann wird das so gemacht. Und da sich das Leben bewegt, wandelt, bewegen sich auch die Routinen. Meist nicht so oft, weil Veränderungen nicht so leicht zu bewältigen sind, aber gelegentlich kommt das vor.
Routinen („Gewohnheiten“) bieten Sicherheit im Alltag und schützen vor einer Reizüberflutung. Wenn diese mal nicht eingehalten werden können, wird darauf unterschiedlich gestresst reagiert. Kommt da auch stark auf die Wichtigkeit der Routine an.
Sie haben jedoch im Grunde nicht viel mit der Struktur („Zusammensetzung aller Bestandteile“) im Alltag zu tun. Eine geordnete Struktur selbstständig zu entwickeln und auch ohne Unterstützung umzusetzen ist für die meisten Autist:innen oftmals unmöglich. Mir ist auf jeden Fall noch kein Autist begegnet, der das ohne fremde Hilfe reibungslos und langfristig geschafft hat. Trotzdem ist so etwas sehr wichtig – unter Einbindung der Routinen. Ein strukturierter Alltag kann zum Beispiel darin bestehen, immer zur Selben Zeit aufzustehen und zu Bett zu gehen. Und dazwischen eben die anfallenden Tätigkeiten – Beruf, Nahrungsaufnahme, Körperpflege, etc. zu festen Uhrzeiten. Manche können das mit Erinnerungstafeln, oder einer App.
Ich persönlich habe fast gar keine Struktur im Alltag, außer an den wenigen Tagen, an denen ich arbeite. Zwar stehe ich meist sehr früh auf und gehe spät zu Bett und mache oft die Selben Dinge, meinen Routinen und Interessen entsprechend, aber eine Struktur ist da nicht. Meist bin ich irgendwo auf nem anderen Stern. Das sorgt jedoch immer für einen gewissen Stresspegel. Ich bin jedoch ein Mensch, der sich kaum etwas sagen lässt, ein Freigeist, höflich ausgedrückt. Zu ehrlich, egoistisch und Arschloch mit viel Herz würde aber auch passen. Vielleicht weil ich sehr lange bevormundet und „unterdrückt“ wurde. Für die Dinge, die ich mag, hab ich quasi immer Pläne im Kopf, damit ich „spontan“ all die tollen Sachen tun könnte. Und wenn AD(H)S kickt, bin ich noch dazu sehr impulsiv. Für die Autistin in mir ist das alles sehr anstrengend, weshalb ich, wenn ich ein Smartphone wäre, immer nur so 10% geladen bin.
Eine vorgegebene Struktur würde mir also theoretisch helfen, wenn ich diese denn zulassen würde. Ich halte mich eben an meine kleinen Routinen und an sehr viel Zeit/Ruhe für mich.