Schwanken

Ich schwanke. Schwanke noch ein wenig vor mich hin, etwas vor und wieder zurück. Hin und her. Newtonpendel. Mit jedem Stoß ein Seufzen, das du nicht hörst. Versuche Zweifel durch ein Nadelöhr zu schieben, aber selbst wenn ich damit jede Wunde, die du öffnest, verschließen könnte, wäre der Faden viel zu aussichtslos. Solange ich dich aber vor mir herschiebe, schwebt die Leichtigkeit in Gewitterwolken. Unwetter droht, bellt, aber kann nicht beißen. Und solange kann ich dich festhalten. Wenn das bedeutet, dass ich mir Blutergüsse in die Unterlippe zeichne, statt dich zu küssen, dann wähle ich die Last auf meinem Körper dich vor mir herzuschieben und in Seekrankheit zu leben. Und wenn ich regne, dann leise in der Sommernacht, damit dich der Morgen mit saftigen Wiesen und getrocknetem Beton begrüßt. Dann schaue ich wieder zu lange aus dem Fenster, beobachte die Lebenden, ein Vorbeiziehen und die Jahreszeiten. Es dauert eine Ewigkeit über deine Gedankenlosigkeit nachzudenken, während dein Lachen mein Ohr bluten lässt. Ohne Rücksicht auf Verluste. Du hast ihn kennengelernt, den Verlust, er hat dir die Menschlichkeit genommen, die ich gesucht habe. Aber nicht das gebrochene Herz. Nicht die Angst vor dem inneren Tod. Und nicht das Ziel, das hinter dem Winter ruht. Ohne Handschuhe berühre ich es. Und was mir der Verlust aus blauen Fingerspitzen zieht, ist das Gefühl. Mein Gefühl. Mich. Alles was mich schützt, mich ausmacht, was ich mühsam gefunden und gesammelt habe. Die zerkratzte Oberfläche lässt er mir, damit es in jeder Wunde brennt. Es brennt. Und ist es das Wert? Sag, ist es das Wert, dich nicht mehr mit dieser Leichtigkeit vor mir herzuschieben? Ist es das? Es ist bunt, es ist hell, wild, große Gefühle und Sex. Die Wahrheit jedoch steht in den Spuren im Schnee. Und dann neue Hämatome. Ich möchte sie zählen, aber ich schwanke. Ich schwebe. Ich schwanke.