Gott hat mir den Rücken gekehrt. Ich bin eine Schlampe. An meinen Fingern, an meinen schreibenden Fingern, klebt dein Schwanzgeschmack. Er hinterlässt seine Spuren. Nicht auf meiner Tastatur, nun, möglicherweise auch dort, aber viel mehr auf meinen Gedankensträhnen. Ich weiß, ich muss mir die Haare bürsten. All diese Knoten, all deine hinterlassenen Nester und dieser weiche Körper, in dem du geschwommen bist. Jetzt, wo ich deine Aufmerksamkeit habe, denke ich zu viel nach, über Brombeeren. Mit jeder gebürsteten Strähne fallen sie zu Boden. Du zerquetscht sie beim hinausgehen. Ich fühle dir hinterher. Und du denkst nur so: „Hä“. Ich bin eine Schlampe. Ich fühle mich wie der umgekippte Sack Reis, nur ein bisschen weniger relevant. Die Tasten kleben an meinen Fingern, sind damit verwachsen, vielleicht klebe ich auch an ihnen, dabei bin ich keine Schriftstellerin, werde ich nie sein. Gott sieht mich nicht. Hinge ich tot über’m Zaun, fiele es ihm nicht auf. Und dir auch nicht. Ich reibe mir den herausgequetschten Brombeersaft, welcher meinen teuren Boden versaut hat, auf meine nackte Haut. Er ist noch warm. Von dir. Er ist noch warm. Und ich fühle dir immer weiter nach, wie weit du dich auch entfernst. Du hast mich natürlich schon vergessen, die Schlampe, du hast mich nie erfahren. Diese Reproduktion meiner Selbst. Und nun bin ich nicht mehr ich, denn ich kann mein Spiegelbild nicht ertragen. Diese frisch gebürsteten Haare ekeln mich so an. Als hätte es mir nichts bedeutet. Als hätte es nichts bedeutet. Wenn es auch nur eine Sekunde lang so wäre, würde ich mir selbst den Rücken kehren müssen, so wie Gott, so wie du. Diese Reproduktion aber verteilt den Schwanzgeschmack auf der Tastatur, damit du mir bleibst, in meinen Worten tropfst, in mir verwest. Deine zertretenen Brombeeren jucken auf meiner Haut. Ich friere. Ich schwitze, ich tropfe, ich bin nackt und allein. Ich bin tot. Und du denkst nichts. Nichts. Gar nichts. Oder irgendwas. Kratze mir unter der Dusche das Lila von der Haut. Die Reste meiner Erinnerung verfangen sich unter meinen Fingernägeln. Gott war nie da. Du auch nicht. Ich bin eine Schlampe. Ich schreibe Lila.
Gott war nie da – wie wahr! Was ist eine „Schlampe“ – ich würde gar nicht in solchen Kategorien denken…
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„Schlampe“ ist eher als Gefühl zu verstehen, wie „sich schmutzig fühlen“
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aber auch dafür gibt es eigentlich
keinen Grund, oder ?
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In dieser kurzen Story durchaus, das Gefühl ist, neben weiteren, tragend.
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nun gut…
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letztendlich liest jeder anders und denkt/empfindet anderes dabei, was ja normal und auch gewünscht ist 🙂
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du sagst es 😉
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In den Kochbüchern heißt es immer: Genuss ohne Reue. Die Kochbücher des Lebens schreiben das nicht.
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Das stimmt – wobei ich im realen Leben nichts getan habe, was ich bereue. Man kann aus allem etwas lernen. 🙂
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