Autismus Erfahrung

Autismus Erfahrung: Wie fühlen sich Berührungen an (persönlich & möglichst detailliert)

Dies wird ein sehr persönlicher Beitrag, in dem ich meine Wahrnehmung zu unterschiedlichen Berührungen (mit verschiedenen Menschen und Situationen) erklären möchte. Zwar habe ich darüber schon mal geschrieben, aber hier möchte ich meine Wahrnehmung detailliert darlegen.

Zu erst kann ich sagen, dass jedwede Berührung mit großer Anstrengung verbunden ist. Dazu zählt im Grunde alles, was meine Haut berührt. Kleidung, Wasser, Menschen, Creme, Wind, Dinge die ich berühre, usw. Alles eben. Außerdem ist meine Körperwahrnehmung gestört, insbesondere was die Intensität von Berührungen betrifft & Hitze/Kälteempfinden.

Je nach Tagesform kann ich Berührungen besser aushalten. Es kommt drauf an, wie vielen Reizen ich bereits ungefiltert ausgesetzt war. Dazu zählen alle Reize, dabei ist Licht mein Endgegner, wenn man so will. Das ist für mich der schlimmste Reiz (häufig mit Sehstörungen verbunden /als würde sich ein Schleier über meine Augen legen, manchmal sehe ich fast nichts, aber es kommt selten vor, dass es so heftig ist). Auch innere Reize spielen eine große Rolle. Darüber hinaus ist die Löffeltheorie wieder interessant im Bezug auf Reize und Energie.

Ich unterscheide zwischen positiv und negativ empfundenen Reizen. Energie rauben beide, negative aber natürlich mehr, weil sie ggf. zusätzliche Reize (zum Beispiel Ekel, Wut) beinhalten.

Wasser in größeren Mengen mag ich sehr gern, einzelne Tropfen jedoch gar nicht. Meine Kleidung mag ich gern eng anliegend, ich fühle mich dann abgegrenzt, begrenzt als Körper. Jacken mag ich gar nicht, obwohl sie mich ggf. etwas vor Berührungen durch Menschen schützen könnten. Flauschiges mag ich gern, wenn ich etwas sehe, muss ich es berühren. 🙂

Nun, wirklich interessant wird es aber, wenn es um Berührungen mit/durch Menschen geht. Da gab es eine Zeit in meinem Leben, da mochte ich das gar nicht, wusste aber nicht weshalb. Und mir ar durch Beobachtung anderer Menschen immer klar, dass das nicht normal ist. Natürlich wollte ich normal sein, weshalb ich mir verschiedene Berührungen durch Menschen aufgezwungen habe. Das waren allesamt schmerzhafte Erfahrungen. Unterm Strich hat es aber dazu geführt, dass ich diese nun besser ertrage. Die mentale Gesundheit leidet jedoch darunter.

Zufällige beabsichtigte und unbeabsichtigte Berührungen durch fremde Menschen sind für mich absolut negativ und mit hohem Stress verbunden. Ich fühle mich beengt, bedroht, angegriffen. Teilweise mit physischen Schmerzen. Manchmal reagiere ich böse darauf, gehe die Person verbal an. Meist dann, wenn die Person die Möglichkeit hätte, Abstand zu halten. Zum Beispiel wenn jemand an der Kasse mal wieder meint, kuscheln zu wollen. Das ist absolut vermeidbar. In einem vollen Zug kann niemand etwas dafür. Das Gefühl ist für mich nicht anders, zumal bei Berührungen auch immer weitere Reize vorhanden sind (Gerüche zum Beispiel, ich hasse starkes Parfum, am liebsten gar keines oder nur sehr sparsam)

Auf meiner Körperoberfläche fühlen sich Berührungen an wie ganz viele kleine Nadelstiche, mal mehr, mal weniger spitz. Sanfte Berührungen empfinde ich schlimmer. Berührungen durch fremde sind immer extrem schlimm. Von diesen kleinen Nadeln gehen kleine Blitze aus, die durch meinen Körper schießen.

Bei Menschen, die ich gern habe, die auch mich gern haben kann es dadurch oftmals abweisend meinerseits wirken, wenn ich keine Berührung zulassen kann. Das liegt jedoch nicht an der Person, sondern daran, dass ich den damit verbunden Reiz nicht ertrage. Obgleich er positiv wäre, würde er mir Energie abverlangen, die ich nicht mehr habe. Und das kann im weiteren zu einem Shutdown/Meltdown führen.

Wenn ich aber genug Energie habe, dann mag ich diese Berührungen. Bestenfalls mit Ankündigung. Einen unangekündigten Stromschlag bekommt schließlich niemand gern. Einen angekündigten vermutlich auch nicht. 😉 Für mich macht es das aber nicht nur erträglicher, sondern sogar für eine gewisse Zeit angenehm. Damit ich mich dabei wirklich wohl fühle, mich auch dabei wohl fühle, den physischen Schmerz zu ertragen, muss ich diese Person wirklich sehr gern haben & ich brauche großes Vertrauen. Auch das Vertrauen darin, dass meine Grenzen akzeptiert und bestenfalls sogar von der Person eigenständig erkannt werden. Auch Unterbrechungen, Pausen, sind häufig nötig.

Es tut mir seelisch weh, wenn dies fehlinterpretiert wird. Zum Beispiel ablehnend. Denn so ist das nicht gemeint. Wenn dem so wäre, würde ich das verbal kommunizieren. Es handelt sich nur um eine Pause, weil es zu überwältigend ist.

Ich nutze Berührungen durch Menschen die ich mag aber auch als Stimming, bzw. als Resetknopf. Denn wenn ich zum Beispiel zu große innere Reize habe, helfen mir diese Berührungen manchmal diese zu überlagern. Sex ist dann tatsächlich ein Hilfsmittel, ein Körper auf mir, der mich fest umschließt. Das beruhigt das vegetative Nervensystem, fährt es herunter. Dazu habe ich etwas ausführlicher schon in einem anderen Beitrag geschrieben. Das Gefühl wird so intensiv, dass mein Körper dieses nicht mehr erträgt und nicht mal mehr einen Meltdown zustande bringen kann. Der Körper gibt auf, wie ein Computerabsturz.

Ich mag es sehr die verschiedenen Berührungen zu ertragen. Aber ich brauche generell danach eine unterschiedlich lange Pause. Daher entstehen durchaus auch Tage, wo keine Berührung möglich ist. Tage, in denen ich mich noch mehr zurückziehe, als ich es ohnehin bereits tue. Aber an solchen Tagen mag ich auch den geistigen und /oder intellektuellen Austausch sehr gern. Manchmal mag ich aber auch gar nichts, weil ich eben zu viel mit mir selbst beschäftigt bin.

Generell mag ich keine sanften Berührungen. Das fühlt sich für mich stechend, kitzelnd an. Mein Körper steht unter noch mehr Strom, als bei festen Berührungen. Mein Stim ist dabei, dass (hauptsächlich) meine Hände zu zittern beginnen und sich meine Handgelenke verkrampfen. Das kann ich nicht unterdrücken & auch das ist sehr schmerzhaft. Bei Berührungen durch fremde Menschen passiert das nahezu immer. Und natürlich macht mich das wütend! Ich möchte keinen Schmerz aufgezwungen bekommen durch fremde Menschen!

Der Vorteil an diesem Empfinden für mich ist der, dass ich sehr genau direkt weiß, ob ich einen Menschen ertrage oder nicht. Und die andere Person kann es daran erkennen, ob ich nur gelegentlich zurückschrecke, ausweiche, oder ob ich am liebsten die Augen auskratzen würde. 😉 Kleiner Scherz, ich werde oft nur ziemlich frech. So frech, dass ich schon einigen Leuten den Tod gewünscht habe. Unter normalen Umständen würde ich mich so nie verhalten. Das ist keine schlechte Erziehung. Kein ungezogen sein. Und ich bin auch kein Mensch mit schmutzigem Vokabular. (doch eigentlich schon, aber nicht auf diese Art) Der Reiz ist einfach so extrem, dass er sich so entlädt.

Leid tut mir das übrigens nicht. Denn wie gesagt bezieht sich das auf Situationen, die absolut vermeidbar gewesen wären. Man stellt sich vor, dass Gesicht und Intimbereich die Intimzonen darstellen. Niemand möchte dort ungebeten oder von Fremden random berührt werden. Mein ganzer Körper ist eine Intimzone. Und alle drücken dagegen, streifen daran vorbei, pieksen mit ihren Nadeln. Und niemand sieht darin ein Problem.

Und falls jemand denkt „stell dich nicht so an“: Ich spreche über meine Behinderung. Das ist nichts, was ich wegzaubern kann. Das bin ich. Mein Körper, mein Gehirn, mein Nervensystem funktioniert so. Niemand ist daran schuld. Auch ich nicht. Ein wenig mehr Achtsamkeit täte allen gut.

Alles in allem fällt es mir schwer das genaue Empfinden zu beschreiben. Falls Fragen bestehen, die immer gern stellen.

Autismus Erfahrung: Gastbeitrag meines Partners / zusammenleben mit einer autistischen Person

Kleines Vorwort von mir, der autistischen Person. 😉 Es folgt ein Beitrag meines Partners, den ich, man erkennt es gewiss am Schreibstil, nur sehr wenig bearbeitet habe. Nur mal hier und da n Komma verteilt, wo es mir hübsch erschien. Also keine Zensur. 😉 Komme mir ein bisschen vor, wie ein Monster. Aber n liebenswertes. Ich hab mich jedenfalls lieb, ha! Ich verlinke seinen Blog HIER, damit ihr ihn stalken oder persönlich bemitleiden könnt, wenn ihr wollt. Scherz. Nun zitiere ich noch Eric Cartman: „Ich habe die Regeln nicht gemacht, ich habe sie mir lediglich ausgedacht.“ und überlasse das Feld:


Zu Anfang weiß ich nicht, was ich schreiben soll, bzw. wie ich beginnen soll, wobei mir vorher zig Gedanken und Begebenheiten im Kopf herum geschwirrt sind. Nun denn, fangen wir einfach mal an.

Leute meiner Generation (60er) denken automatisch beim Wort Autist/in an den Film „Rain man“ mit Dustin Hoffman, der Ende der 80er Jahre den Autismus erstmalig weiten Teilen der Bevölkerung näher gebracht hat. Wobei natürlich nicht jeder Mensch der Autist ist automatisch eine Inselbegabung* hat, aber auch hier gibt es entsprechende Klischees.

Für jemanden, der bisher noch nie mit einem autistischen Menschen zu tun gehabt hat, geschweige denn mit jemand zusammen gelebt hat, kann das mitunter schon eine Art von Herausforderung sein, wobei ich dieses bitte grundsätzlich positiv verstanden haben möchte.

Es beginnt mit Kleinigkeiten bis hin zu Streitereien, die aufgrund von Missverständnissen oder einer jeweils anderen Sicht oder Bewertung des Vorgangs an sich, insbesondere am Anfang, häufig aufkommen können, was nicht ausschließt, dass auch nach Jahren des Zusammenlebens auf einmal ein Ereignis eintreten kann, was Ähnliches hervorruft.

Regel Nummer Eins im menschlichem Miteinander ist hier das Reden, das Zuhören, das Erklären und Regeln sind dazu da, um befolgt zu werden, denn nichts ist schwieriger für einen Menschen mit Autismus, wenn sich urplötzlich etwas ändert, etwas anderes ist und der Alltag anders verläuft. Sarkasmus und hintergründiger Humor sind lustig, aber wenn ich A sage und eigentlich B meine, dann noch mit C kokettiere, dann wird es sehr schwer mir zu folgen, also Finger weg davon. Das soll natürlich nicht heißen, dass jemand mit Autismus keinen Spaß versteht oder keinen Humor hat, aber direkt ist hier meist besser.

Im allgemeinen Gespräch passiert es mitunter, dass ich sage, dass ich etwas kenne oder etwas ähnlich empfinde oder erlebt habe, was dann vielleicht so aufgefasst werden kann, dass ich die Behinderung oder das Problem klein reden will, da ich es ja „kenne“. Das Problem hier ist, dass ich das Erlebte oder Gefühlte, das Erfahrene des autistisch veranlagten Menschen kaum nachvollziehen kann, daher versuche ich es mit angesprochenen Beispielen mir selbst bewusster werden zu lassen, oder meinem Partner damit zu zeigen, dass ich es im Ansatz begreife, was in keiner Weise eine Herabsetzung oder Verallgemeinerung sein soll, selbst wenn es der Partner in dem Moment so empfindet.

Daher wie oben bereits gesagt. Reden, Zuhören, Erklären, auch wenn sich natürlich in unserer Beziehung in den Jahren einiges einspielt und weniger Worte bedarf.

Es gibt Tage, da ist weniger mehr, daher ist es von Vorteil, in dem Gegenüber lesen zu können, sei es durch Körpersprache oder Ausdruck oder Wortwahl, selbst die Stimme an sich. Da werden keine Berührungen akzeptiert, da ist die Stimme zu laut, oder man ist am besten nicht da, denn selbst die körperliche Anwesenheit, auch in einem anderen Zimmer kann als störend, als Belastung empfunden werden. An diesen Tagen kann es Dir so vorkommen, als würdest Du in einem Minenfeld wandeln und wehe alles steht nicht an seinem gewohnten Platz oder es geschieht etwas Unvorhergesehenes, selbst wenn Du nichts dafür kannst. Dann ist Rot nicht Rot sondern Schwarz und Schwarz ist trotzdem zwischendurch falsch.

Manchmal bekommst Du etwas gesagt, das Dich verletzt, was Dein Gegenüber entweder nicht beabsichtigt hat, es als reine Tatsache ansieht (was mitunter auch so ist) und nicht verletzend gemeint hat oder die Aufnahme der Aussage bei Dir nicht mitbekommt, weil es ein Gefühl ist, welche DU empfindest, nicht Dein Partner. Mit der Zeit ist es zu verstehen, auch wenn es im Augenblick schmerzen kann.

Das hört sich vielleicht alles „schlimmer“ an, als es eigentlich ist, denn jeder von uns ist ein Mensch mit besonderen Fähigkeiten , Eigenarten, Eigenheiten oder Wesensmerkmalen, die wir am Partner lieben und JA, auch nach dem Wegfall der sprichwörtlichen „Rosaroten Brille“. Denn Du bist nun mit einem Menschen zusammen, der von Grund auf ehrlich ist, der Dir immer die Wahrheit sagt, der Dir nichts verschweigt und Dich so annimmt wie Du bist und dem Du garantiert einhundert Prozent vertrauen kannst und der Dir treu ist.

In dem Zusammenhang fällt mir ein Satz ein, warum die Menschen selten dass sagen was sie meinen und drum herum reden oder lügen – wie einfacher und direkter und ehrlicher wäre die Welt?
(Mitunter dann grausam – meine Meinung, auch wenn ich die Ansicht teile)

Wie ich die Partnerschaft, die „Beziehung“ oder das Zusammenleben auch bezeichnen mag, wenn ich jemals die Liebe beschreiben soll, dann ist es das, die Person mit der ich lachen und weinen kann, die von sich selber behauptet nicht romantisch zu sein und es doch in vielen kleinen Dingen ist, der ich absolut vertraue, die sich an alltäglichen Dingen begeistern kann, die mich jeden Tag aufs Neue berührt, die mich auch nach Jahren immer wieder überrascht, von der Du lernen kannst und die der Liebe eine eigene Definition gegeben hat – ebenso tiefgründig wie auch einfach und tausendfach fühlbar:

Ich hab Dich lieb… ♥

*noch einige kleine Anmerkungen von der autistischen Person: Eine Inselbegabung haben die wenigsten Autist:innen und nicht jede:r mit Inselbegabung ist Autist:in. Autismus kann von Minder- bis Hochbegabung vorliegen. Autist:innen haben ein oder mehrere Spezialinteressen, das kann jedes Thema betreffen.

Wie kann ich mit einer autistischen Person umgehen?

Lernen: Informiere dich über die Autismus-Spektrum-Störung. Bücher, Internet, oder du fragst direkt die autistische Person. Nicht stereotypisieren. Jede autistische Person ist individuell.

Grenzen respektieren: Manche ertragen zum Beispiel keine Berührungen (und weitere Reize). Die Sinneseindrücke werden anders verarbeitet, dringen zum Teil ungefiltert ein. Vergewissere dich, zum Beispiel durch Fragen/vorherige Ankündigung, dass es in Ordnung ist, was du tust. Und sei nicht böse, wenn die autistische Person zurückschreckt oder sich zurückzieht, denn wenn sie dich mag, dann nicht vor dir, sondern vor dem Reiz. Meide Gruppen, viele (oder unangenehme) Reize, damit sich die autistische Person besser auf dich konzentrieren kann.

Erwartungshaltung emotionale Reaktionen: Die autistische Person möchte höchstwahrscheinlich alles richtig machen, weiß aber ggf. nicht, welche Reaktion/Handlung angemessen ist. (reagiert möglicherweise unangemessen oder gar nicht)

Sei nicht böse, wenn die autistische Person Probleme damit hat, verbal über Gefühle zu sprechen. Diese sind selten sachlich und logisch. Finde andere Wege, individuell. Schriftlich, per Mail, poetisch, in Bildern oder vielleicht sogar körperlich. Es gibt Autist:innen, die die Liebe in einer Partnerschaft an der Häufigkeit von Sex berechnen (als Beispiel). Es ist also vieles möglich.

Klare Sprache: Spreche deine Bedürfnisse oder deine Wünsche klar aus. Generell, sprich mit der autistischen Person, dann weißt du in der Regel, woran du bist (die autistische Person ist in der Regel direkt und ehrlich). Sei auch du ehrlich und direkt. Wenn du Hilfe benötigst, bitte sie darum und jammere nicht. Gib der autistischen Person Zeit für eine Antwort.

Autismus Erfahrung: zum „weiblichen Autismus“ in sexistischer Gesellschaft

Die Diagnosekriterien sind nicht abhängig vom Geschlecht. Die zentralen Kriterien, auch „Symptomtrias“ genannt, die immer gegeben sein müssen sind: Stereotypes und repetitives Verhalten/Bewegungen, eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit/Sprache, eingeschränkte soziale Interaktion/zwischenmenschliche Beziehungen.

Und das ist durchaus korrekt so, ebenfalls wissenschaftlich belegt. Gut und schlecht. Warum? Und warum werden Frauen dann seltener und oft erst spät diagnostiziert? Nun, weil Fachärzte (jetzt hackt sie wieder auf den Fachärzten herum ;-)) oftmals noch im Zeitalter von Hans Asperger feststecken. Denn selbstverständlich können (nicht müssen) diese drei Kriterien, welche erfüllt sein müssen, ganz unterschiedlich in Erscheinung treten. Und Frauen sind da schlichtweg unsichtbarer. Und das liegt am Frauenbild, an dem, was von Frau eben so verlangt wird. Klar, das Bild von der braven Hausfrau hinterm Herd ist nicht mehr so häufig präsent, aber das muss es auch gar nicht.

Es genügt, dass Mädchen eher wohlerzogen wirken müssen, während Jungs eben auch mal Jungs sein dürfen. Wenn ein Mädchen ausflippt, dann ist es ne kleine Zicke. Wenn ein Junge ausflippt, ist er eben ein Junge, der mal Junge sein darf. In Erziehungsthemen bin ich nicht allzu bewandert, das was ich aber am Rande so mitbekomme ist, dass sich dieses gerade hier und da ändert.

Die erwachsenen Frauen haben das aber noch so gelernt. Man nimmt zum Beispiel in Fachkreisen an, dass sich Spezialinteressen auf Naturwissenschaften beziehen (müssen), bzw. auf andere (typische) Männerdomänen (klassisch auch Programmierer, IT-ler). Und so könnte es zum Beispiel sein, dass eine Autistin den ganzen Tag näht, sich schminkt und die perfekte Bügelstrategie entwickelt. Klingt scherzhaft, ist aber absolut möglich. Weibliche Autisten sind häufig im künstlerischen Bereich anzutreffen, so auch ich. Wobei ich persönlich auch nicht an der typischen Naturwissenschaft vorbeigekommen bin. In unserer sexistischen Gesellschaft ist es aber eben oft noch so, dass Männer dieses ausleben können, frei darauf hinarbeiten können, auch beruflich, während Frauen lieber was anderes machen sollen. Am besten etwas, was Raum für Kinder lässt. Schließlich sind Frauen unterm Strich dafür da.

Ja, das erlebe ich oft. Geschockte Menschen, die es nicht verstehen können, dass ich kein Interesse daran habe, einen Stall voll Kinder zu hüten. Man ist als Frau tatsächlich ein bisschen weniger Wert.

Mir sind schon einige autistische Mütter begegnet, die ihre Kinder selbstverständlich lieben und sich gut um sie kümmern, aber kaum mehr Zeit mehr für sich selbst haben (und vielleicht für Interessen, die nicht „typisch weiblich“ sind. Für eine Autistin kann das sehr zermürbend sein. Und genau das interessiert dann kaum jemanden, denn sie hat ja ihren Soll erfüllt. Natürlich gibt es auch Autist:innen mit Kinderwunsch, vielleicht sogar als (weiteres untypisches) Spezialinteresse, und selbst für mich wär’s inzwischen wohl ok. Aber eben nur ok.

Für männliche Diagnostiker, bzw. für Diagnostiker:innen, die sich am typischen (männlichen) Autismus orientieren, ist dieser weibliche Autismus eben aufgrund unserer sexistischen Gesellschaft oft nicht leicht zu erkennen. Weil es anders aussehen kann. Zum Beispiel statt „ausflippen/rumschreien“ (Jungs) „schweigen/Schüchternheit“ (Mädchen)

Trotzdem müssen die oben genannten Symptomtrias vorhanden sein. Wie auch immer sie in Erscheinung treten.

Autismus Erfahrung: In der anderen Welt

Viele Autist:innen spielen gern Videospiele oder begeben sich in irgendeine andere beliebige Welt, in der sie erfolgreich sein können. Und das macht Sinn. Denn als Autistin mache ich, wann immer ich aus meiner Welt in die Welt begebe, die ihr wohl als „echte“ Welt bezeichnen würdet, die Erfahrung, nicht hineinzupassen. Dementsprechend bleiben Erfolge aus. Und auch ein autistisches Gehirn reagiert positiv auf Erfolgserlebnisse.

In Videospielen wäre das zum Beispiel das Aufsteigen in Levels, das schaffen von schwierigen Stellen im Spiel. Nun, ich spiele nicht mehr so oft Videospiele. Aber auch bei Brettspielen oder Kartenspielen bin ich eine wahnsinnig schlechte Verliererin. Als Kind, Jugendliche endete ein Spiel, wenn ich verloren habe, stets in einem Wutausbruch. Inzwischen kann ich gut so tun, als ob ich verlieren könnte. Ich bin aber noch immer eine schlechte Gewinnerin.

Die eigene Welt ist nahezu perfekt eingerichtet und an die eigenen Bedürfnisse angepasst. Soziale Kontakte sind zwar wichtig, aber ich persönlich kann darauf weitestgehend verzichten. Eben weil alles da draußen irgendwie in einem sozialen Kontakt endet. Na, selbst einkaufen beinhaltet ein oder zwei ausgetauschte Worte.

In der eigenen Welt, oder eben in Videospielen, gibt es klare Regeln, es funktioniert dort so und nicht anders. Manches Videospiel könnte ich mit verbundenen Augen ohne Probleme durchspielen. Es funktioniert immer gleich. In dieser echten Welt verstehe ich gar nichts und das kann ich allenfalls gut vertuschen. Die Menschen darin verhalten sich wahnsinnig willkürlich.

Und als Autist hat man dann die niemals endende Aufgabe, im Kopf für jede Eventualität einen Plan zu haben. Das ist unfassbar anstrengend. Und nach außen wirkt man dann wieder meistens ganz normal. Was ebenfalls anstrengend ist. Menschen bewegen sich kreuz und quer, fühlen heute dies und morgen was ganz anderes. Dann ist wieder jemand sauer auf mich, weil ich irgendwas getan oder nicht getan habe. Und dann redet man mit jemandem, der sagt: „schau mir in die Augen, wenn ich mit dir rede.“ Und am Ende steht man als dummer Mensch da. Dabei funktioniert man einfach nur anders.

In dieser neurotypischen Welt kann ich mich sehr schwer selbst einschätzen. Da gehe ich generell vom Schlimmsten aus. Das ist kein schönes Gefühl. Ich verstehe nicht, was richtig oder falsch ist in der Kommunikation allgemein. Menschen senden Signale, die ich nicht verstehe. Und dann wieder ganz andere. (btw: ein eigens programmierter Roboter wär n toller Freund.)

Ein großer Teil dieser anderen Welt ist bei mir das Schreiben. Aber da hat jede/r Autist/in andere Vorlieben.

Menschen neigen in der Regel nicht dazu, Dinge ausführlich zu erklären, Dinge einfach zu sagen und schon gar nicht dazu, systematisch zu funktionieren. Sie sind eben willkürlich und meistens nicht 100% ehrlich. Es ist leichter in diese andere Welt zu gehen, statt in dieser „echten“ Welt, in der scheinbar nichts funktioniert. Und ich sage zwar, dass ich Menschen hasse, aber so richtig stimmt das nicht. Ich verstehe sie nur einfach meistens nicht, obwohl ich das gern würde. Und genauso hätte ich es manchmal gern, dass mich jemand wirklich begreift.

(Trotzdem habe ich die Schwächen ausgekundschaftet, falls mein Heimatplanet ein Raumschiff entsendet, das mich abholt. ;-))

Soziale Interaktionen sind also selten von Erfolg gekrönt. Und deshalb ist die eigene Welt so viel schöner. Nun, ob das so gesund ist? Ja und nein. Es kommt drauf an. Denn manchmal muss man in die „echte“ Welt, man muss dort funktionieren. Bei den einen klappt das besser, bei den anderen schlechter. Als jemand, der extrem viel in der eigenen Welt ist kann ich aber sagen, es ist nicht immer schön, dort sein zu müssen. Manchmal ist es einfach nur leichter – erfolgreicher. Für mich ist meine Welt eine echte Welt, die Welt da draußen gleicht eher einem Haufen von Falschheiten, einem Kasperletheater. Was anderes ist mir jedenfalls noch nicht langfristig begegnet.

Aber ich sehne mich zumindest nach dieser echten Welt, die beständig funktioniert (im Bezug auf Menschen und alles was einen Menschen ausmacht) und eine Sprache spricht, die ich verstehe. Ich könnte mir aber auch ein fliegendes Spaghettimonster wünschen. Ist ja quasi das Selbe. 😉

Autismus Erfahrung: Kurzfilm(e) zur autistischen Wahrnehmung

Ich richte diesen Beitrag vor allem an Menschen, die nicht autistisch sind. Ich halte es sehr einfach und kurz, ihr müsst nicht lesen, nur zuschauen. Es handelt sich um drei sehr kurze Kurzfilme. Ich küsse eure Herzen schon, wenn ihr nur ein Video anschaut. Wenn kurz hingeschaut wird. Wenn es nicht egal ist. Denn genau das ist oft das Gefühl. Egal zu sein.

Hier finde ich das Ende sehr einfühlsam. Die Wahrnehmung ist hier aber auch mit am besten dargestellt.
Hier kann man sehr gut sehen, weshalb so oft gesagt wird: „du siehst ja gar nicht autistisch aus“. Dabei ist es so unglaublich anstrengend, einen Tag, jeden Tag, irgendwie herumzukriegen. Autisten haben übrigens ein erhöhtes Risiko (6x so hoch) Suizidgedanken zu entwickeln.

Autisten sind nicht schlecht erzogen. Es ist einfach nur alles zu viel.

Ich brauche keine sozialen Kontakte. Ich bin viel glücklicher ohne. Bin glücklich in meiner Welt. Und genau das finde ich sehr traurig. Ich wäre gern sicher und zufrieden in der Welt da draußen.

Autismus Erfahrung: zum verzweifeln

Ich verzweifle ziemlich an der Kommunikation mit anderen Menschen. Genauer geht es mir hier um die Menge und zweitrangig auch um den Inhalt. Es ist mir noch nie passiert, obwohl ich grundsätzlich darauf hinweise, dass man mir sagt, wann ich zu viel oder zu wenig rede/erzähle/schreibe. (Nur das ich ständig ins Wort falle oder Menschen nicht ausreden lasse, das wird mir ab und zu gesagt) Und für mich da auf ein angemessenes Maß zu kommen, ist nahezu unmöglich, denn jeder Mensch definiert dieses „normal“ für sich anders. Nun kommunizieren die Menschen das aber nicht, nein, ich sollte das intuitiv wissen. Einen Scheiß weiß ich. Ja, mich macht das wütend. Weil es so leicht wäre, diese Barriere etwas zu erleichtern, indem man mir sagt, wie die Kommunikation angenehm empfunden wird.

Nun arbeite ich gerade daran, keine Fragen zu beantworten, wenn danach nicht gefragt wurde. Sprich: frei erzählen. Ich merke aber, dass auch das nicht gut zu sein scheint und es wirkt wohl desinteressiert, wenn man nicht frei erzählt (oder auch auf Fragen nur knapp antwortet). Dann ist man wütend (oder irgendwas) auf mich, obwohl ich gar nicht weiß, was ich überhaupt mache. Diese Direktheit/Ehrlichkeit ist aber auch nicht gut, selbst wenn ich sie versuche so emphatisch wie möglich zu verpacken. Da verstricke ich mich in Gedanken, zerdenke jedes Wort mehrfach und das, was dann dabei herauskommt, scheint auch oft falsch zu sein.

Ich bin im Grunde an einem Punkt, an dem ich gar nicht mehr mag, mit Menschen zu reden, weil man es ihnen ohnehin nicht recht machen kann. Was zu viel oder zu wenig ist begreife ich nicht. ‚Sag mir einfach was du hören willst, dann sage ich es dir.‘ Das scheint mir die leichteste Variante zu sein. Die ist aber auch nicht gut. Außerdem habe ich darauf keine Lust. Es kann doch nicht so schwer sein, direkt zu kommunizieren, was einem nicht passt. Das vermeidet Missverständnisse und man kann einen Mittelweg finden, den beide Kommunikationspartner gut finden (oder eben nicht).

Zweitrangig kommt dann noch zu viel oder zu wenig Information hinzu. Seien es nun persönliche oder nicht persönliche. Fragen werden nur extrem selten präzise gestellt und ich weiß kaum, was ich antworten soll. Das ist wie die Frage „wie geht’s dir?“ Ich kann sagen „gut“, oder einen zweistündigen Monolog halten.

Was aber auch noch etwas ist, das mich wütend stimmt. Menschen sind oftmals so verlogene Viecher. Sie erzählen keine Wahrheit und wollen keine Wahrheit hören. Wozu dann überhaupt reden? Ja, ich bin wirklich an einem Punkt, an dem ich mit niemandem mehr reden will, dieses ganze zwischenmenschliche ist das Kraftraubendste überhaupt. Ganz egal wie viel ich darüber lese und stets versuche korrekt (UND in meinem Sinne) zu reagieren, am Ende bleibt es individuell und ich mache gefühlt alles falsch. Den Quatsch kann ich mir sparen.

Autismus Erfahrung: Noch mal etwas zur Kommunikation (zwischen autistischer und nicht-autistischer Person)

Gestern habe ich etwas gesehen, das mir zuvor noch nie an mir oder an anderen aufgefallen ist. Ein Video. Es geht um die Kommunikation zwischen einer autistischen Person und einer nicht-autistischen Person. Ich habe mal reflektiert und festgestellt, dass mich das auch sehr häufig betrifft. Bisher hatte ich das gar nicht bewusst wahrgenommen.

Wenn mir eine nicht-autistische Person eine Frage stellt, antworte ich oft sehr ausufernd. Natürlich nur, wenn ich gut über die mir gestellte Frage informiert bin. Meistens handelt es sich um medizinische Fragen, die werden mir recht oft gestellt. Aber auch auf andere Fragen antworte ich offenbar oft zu ausführlich. Und manchmal bekomme ich als Reaktion so ein „war doch nur ne Frage.“ Oder das Sprichwort „musst doch nicht gleich krummer Hund zu mir sagen“ ist mir sehr bekannt. Ich bin dann eher irritiert, denn ich habe ganz normal geantwortet. Das Problem ist, wenn ich über etwas viel erzählen kann und es sich dann auch noch um ein Spezialinteresse handelt, maskiere ich kaum noch, die Stimme wird monoton und ich rede ohne Punkt und Komma. Ich will einfach alle Informationen herausgeben, die ich habe. Oft ist es so viel, dass ich Tage, gelegentlich sogar Wochen später das Thema aufgreife und meine Antwort ergänze.

Nun, und genau das kommt bei neurotypischen / nicht-autistischen Menschen manchmal nicht gut an. Meine Antwort wird so empfunden, als hätte ich mich durch die Frage angegriffen gefühlt (btw, ich nehme jede Frage gerne entgegen, nur brauche ich manchmal länger mit einer Antwort). Ich kann mich nicht daran erinnern, mich je durch eine Frage angegriffen gefühlt zu haben. Von offenkundig dummen Fragen bin ich jedoch gelegentlich genervt. Das sind dann so Fragen, für die ein wenig logisches Denken ausreicht, oder auch ein minimaler Blick in https://gidbf.com/

Das kommt aber sehr selten vor.

Neurotypische Menschen denken offenbar manchmal, dass ich mich mit einer Antwort quasi rechtfertige oder dass ich einfach klugscheiße. Kurze, oberflächliche Antworten scheinen besser anzukommen, aber sind die denn auch hilfreich? Dann hat man doch nicht viele Informationen. Ich verstehe das nicht. Wenn ich etwas wissen will, dann am liebsten alles und auf einmal. Und ich freue mich immer über Fragen, denn dadurch können sowohl Andere etwas neues erfahren, aber ich kann auch Lücken erkennen. Mein Partner fragte mich zum Beispiel gestern, was „sternum“ auf deutsch heißt. Das wusste ich mal, aber ich hatte es vergessen. Das war wieder ein kleiner Kurzschluss im Hirn. 😉 Hab natürlich umgehend nachgeschaut!

Okay, die Antworten sind nicht immer ausufernd, das Thema muss mich sehr interessieren und dann kommt es auch darauf an, wie viel Energie ich übrig habe. Aber sehr ausführliche Antworten kommen manchmal nicht gut an. Wieder was neues erfahren.

Ich mag trotzdem weiterhin persönliche oder allgemeine Fragen, am liebsten zu meinen Interessen. Und ich antworte weiterhin wie ich will. 😉

Autismus Erfahrung: Nonverbal

Sprechen, oder auch das Gesprochene von Anderen finde ich unfassbar kräftezehrend. Einem Gespräch zu folgen gelingt mir, je nach Thema, oftmals nur wenige Minuten am Stück. Es kommt immer darauf an, wie ich zu diesem Menschen stehe (ich habe nur zu wenigen Menschen einen Bezug, da brauche ich nicht mal eine Hand zum abzählen). Smalltalk ist dann noch mal schwieriger. Bei einem Gespräch innerhalb einer kleinen Gruppe (bis 4-5 Personen), kann ich gelegentliches Nicken beisteuern oder lächeln, wenn es die anderen tun. In mir verursacht das Ganze großes Chaos, Aufruhr. Bei fremden Menschen bin ich ganz raus.

Wenn ich mich so verhalten würde, wie es meine Natur vorgibt, würde ich den ganzen Tag hin- und her wippen und mich meinen 2 bis 3 größten Interessen zuwenden. Das zeigt mir jeden Tag, wie tief ich das Maskieren verinnerlicht habe. Zwar mache ich das recht viel, aber überwiegend, wenn ich allein bin. Und ich würde gar nicht reden.

Ich komme mir oft sogar dumm vor, wenn ich rede. Denn so wie ich rede, würde ich mich schriftlich nie ausdrücken. Wenn ich spontan reden (oder auch zuhören) muss, ist das wie eine Fremdsprache, die jemand anders, aber auch ich selbst spreche. Das, was ich denke, was ich schreiben würde, kommt aus meinem Mund aber im Vergleich eher gebrochen heraus, wenn es sich nicht gerade um eines meiner Interessen handelt (oder um antrainiertes).

Mein gewöhnlicher Alltag ist dementsprechend so nonverbal wie irgend möglich. Auch deshalb gefällt mir meine Arbeit allein im Nachtdienst. 90% schweigen und die übrigen 10% beinhalten eher kurze präzise Aussagen.

Gleichzeitig kann ich die nonverbale Sprache Anderer nur schlecht interpretieren, was die verbale Kommunikation wiederum sehr wichtig macht. Würden sich diese Anderen dann an kurze Sätze halten, würde es mir das Leben erleichtern und meine Energie sparen. Aber das ist oftmals nicht der Fall, weshalb ich Gesprächen eher ausweiche oder diese abbreche.

Es ist aber auch immer Tagesform abhängig, es kommt auf die Umgebung und den anderen Menschen an, auf mein Energielevel, die Situation, das Thema. Mit meinem Partner kann ich zum Beispiel relativ viel reden und gelegentlich sogar aufmerksam zuhören (erfordert aber sehr viel Anstrengung). An manchen Tagen rede ich möglichst gar nicht oder nur das Nötigste, manchmal bin ich nicht einmal in der Lage, eine Sprachnachricht anzuhören, geschweige denn eine zu versenden.

Nichtsdestotrotz habe ich ein hohes Mitteilungsbedürfnis, ich schreibe unfassbar viel, meistens schmerzen meine Hände davon (na ja und aufgrund meiner chronischen Erkrankung), aber das hält mich fast nie davon ab, zu schreiben. Am liebsten nur so für mich, denn mit anderen Menschen kommt wieder das Problem hinzu, dass ich ihr Verhalten, die Aussagen oder dieses „zwischen den Zeilen“ oft schlecht verstehe. Ein Fun Fact: Ich google meistens, wenn ich etwas davon nicht verstehe (kommt sehr oft vor) und vertraue dann einfach auf irgendwelche beliebigen „Brigitte“/“Cosmopolitan“ Ratgeber. So kann ich der Situation entgehen, eine Person fragen zu müssen, woraus sich ja schlimmstenfalls ein Gespräch ergeben könnte. Das schließt zwar die Individualität eines Menschen aus, nehme ich aber so hin. Hat bisher tatsächlich meistens gut geklappt.

Dennoch kann ich Gespräche auch genießen, schwer zu beschreiben, es kommt eben drauf an.

Ich nehme an, dass ich das Schreiben so bevorzuge, weil es im Vergleich sehr reizarm ist. Manchmal kann ich auch einfach nicht sprechen, nicht zuhören. Oft wird das dann mit Unhöflichkeit verwechselt. Denn die Menschen wissen meist, dass ich physiologisch durchaus in der Lage wäre, zu sprechen. Es wird dann gedacht „kann ich nicht bedeutet will ich nicht“. Dem ist aber nicht so. Oftmals handelt es sich tatsächlich um ein „nicht können“. Oder eben um das einsparen von Energie.

Mein Partner sagte jedoch mal, dass ich im Vergleich zu unseren Anfängen, inzwischen sehr viel rede. Wenn man jedoch zusammen lebt, muss man eben das ein oder andere besprechen. Und uns ist ja auch durchaus auf ehrliche Weise daran gelegen zu erfahren, wie es dem anderen so geht. (Diese Frage: wie geht’s dir“ mag ich aber nicht, 1. ist die meistens nicht ehrlich gemeint und mein „gut“ raubt unnötig Energie, 2. sollte die Frage doch ehrlich gemeint sein, könnte man diese auch präziser stellen…woher soll ich wissen, was die Person meint, wie soll es mir denn bei was wo gehen?!)

Autismus Erfahrung: Hab mich das erste mal selbst beobachtet und bin geschockt.

Heute habe ich keine große Lust zu schreiben, zumindest nicht bisher. Aufgrund dessen habe ich gerade eine erste Probe durchlaufen. Und dabei ist etwas ganz anderes entstanden, als ich eigentlich wollte. Ich wollte nämlich ein erstes Probevideo drehen, schauen ob der Ton passt, meine Stimme. Die Stimmlage ist beim lesen eines Textes nur ein bisschen zu monoton, kann ich aber gelten lassen. Mit meiner übertriebenen Pingeligkeit und meinen stets hohen Erwartungen. Überraschend angenehm. Aber das verrückte kommt noch.

Ich startete die Kamera und wollte theoretisch direkt lesen, musste mich jedoch kurz daran gewöhnen. Was nicht schlimm ist, ich kann ja schneiden. Mit „kurz“ ist hier etwa eine halbe Stunde gemeint. Eine halbe Stunde, in der ich mich anschließend selbst sehen konnte. Und ich sehe es, das Verrückte. Meine Augen finde ich eigentlich recht annehmbar, im Gegensatz zum grottigen Rest halt. Aber die sind ganz besonders verrückt. Ich frage mich, warum sie mich frei laufen lassen. Sie, die mit den weichen Kuschelwänden und den liebhabenden Jäckchen. Meine Mimik entgleist komplett, sie macht was sie will. Es ist tatsächlich so gewesen, dass ich nach kurzer Zeit nicht mehr maskiert habe. Und das, obwohl ich annahm, dass ich es tue. Bzw. ich dachte gelegentlich gar nicht darüber nach. Was mir hier aber zeigte, dass Masking tatsächlich die volle Aufmerksamkeit benötigt. Sobald ich etwas anderes mache, kann ich nicht gut, oder gar nicht maskieren. Offensichtlich. Wieder was gelernt/über mich erfahren.

Von völliger Abwesenheit von Mimik, bis hin zur totalen Gesichtskirmes, war alles dabei, wechselte ständig und passte oft nicht zum gesagten. Meine bisherige Selbsteinschätzung war besser, als es der Realität entspricht.

Autist:innen haben ihre erlernte Mimik häufig aus Comics, Mangas, Animes oder Cartoons entnommen. Weil diese einfach deutlicher ist als die echte Mimik eines Menschen. Ich nahm halt an, dass ich mir inzwischen das eine oder andere auch von echten Personen abgeschaut habe. Es gibt da diesen Test, in welchem Autisten verschiedene Gesichtsausdrücke den Emotionen zuordnen müssen. Also Gesichter lesen (Psycho Physognomik). Darin bin ich überwiegend schlecht. Dabei wird darüber so viel über eine Persönlichkeit verraten. Große Freude, Wut, tiefe Trauer. Das bekomme ich noch hin. Aber flirten, Verspieltheit, Besorgnis, gelangweilt, usw. Kaum eine Chance, dass ich so etwas korrekt deute. Oder eben korrekt zeigen kann. – Mir wurde oft gesagt, dass mein Gesichtsausdruck böse, bzw. gelangweilt aussieht. Eben dann, wenn ich mich nicht darauf konzentriere.

Und um solcherlei Aussagen zu umgehen kommt nun unpassendes lächeln hinzu. Meine Augenbewegungen sind extrem schnell. Meine Augenbrauen ziehen sich hoch – was weiß ich warum. Weite Augen, ich wirke hektisch, dabei bin ich ganz und gar nicht hektisch. Ich kann nur langsames nicht leiden, weder bei mir, noch bei anderen. Trotzdem bin ich oft sehr langsam, weil mich ganz einfach vieles ablenkt. Wenn ich aber strukturiert bin, dann bin ich flott und produktiv. Die erste halbe Stunde in meinem Video habe ich aus Versehen recherchiert. Ich wurde durch einen Gedanken abgelenkt. Hatte aber im Hinterkopf, dass ich gerade den Ton prüfen will, weshalb ich redete. Nach einer Weile mit verschiedenen Dialekten. Zwischendurch Gesinge. Ich las etwas über Stentimplantation. Und meine Gesichtskirmes beinhaltete jeden Cartoon, den ich jemals gesehen hatte. Dazu das Wippen, vor zurück, von links nach rechts. Zwischendurch ein Händeflattern, zappeln, ständig zappeln, fummeln hier und fummeln da. Ich bin regelrecht erschrocken darüber, wie wenig ich das selbst wahrnehme, mich selbst wahrnehme.

Als ich dann aber endlich meinen Text las, war die Mimik nahezu stillgelegt. Vermutlich weil es mehr Konzentration erforderte und mir das Recherchieren leichter fällt. Ist ja alles in allem ein Thema, mit dem ich mich seit über zwanzig Jahren, nicht durchgehend, aber konstant beschäftige. Da geht mir das Herz auf und irgendwie sehe ich das auf dem Video. Auch wenn es verrückt aussieht. Aber inhaltlich bin ich zum Glück relativ gut aufgestellt.

Ich frage mich aber nun auch, wie ich damit überhaupt durch die Welt gehen kann und trotzdem ernst genommen werde. Die, die das nicht tun, die sortieren sich halt selbst aus. Aber im Groben komme ich gut durch. Muss nur kurz den Schock verarbeiten. Und mir überlegen, wie ich das trainieren könnte. Das, von dem ich dachte, ich hätte es bereits gut trainiert. Bin aber kein Mensch, der einfach so aufgibt, im Gegenteil. Oder ich akzeptiere es einfach und muss demnach viel weniger pingelig mit mir selbst sein.

Autismus Erfahrung: neue Situation, neuer Ort

Dass das potentiell problematisch ist, ist bekannt. Aber wie genau fühlt sich das an? Nun, inzwischen verplane ich mich ja selbst und ich begebe mich auch überwiegend nur in Situationen, die ich gut verplanen kann. Also in gar keine. 😀 Btw. Ich muss sehr oft über mich selbst lachen.

Aber ich habe eine Situation (ein Beispiel) aus meiner Schulzeit: neue Schule. Wegbeschreibung von Mama: „Du gehst hier raus, dann nach rechts bis zur großen Kreuzung, dann nur noch den Berg hoch, da kannst du auch mit dem Bus fahren. In der Schule musst du dich beim Sekretariat melden, die sagen dir dann, wo du hinmusst.“ Was ich verstanden habe: „Du musst morgen alleine an einen fernen, neuen Ort, du musst früh aufstehen und alles anders machen als sonst, spontan und schnell, denn du hast es sehr eilig. Dann kannst du hundert mal umsteigen, du kannst aber auch in die falsche Richtung gehen. Wenn du das Haus verlässt, triffst du auf einen Zauberer, der dir drei verzauberte Blüten gibt, diese musst du essen. Achte darauf, dass die zweite nicht orange ist, denn diese ist giftig. Sie führen dich weiter zum Unterschlupf der Teletubbies, Noo Noo saugt die blauen Bonbons von den Straßen. Dann zieh dir Schlittschuhe an, damit du an der dritten Eiche von links vorbeikommst, dort wartet ein Wildschwein, dem musst du das richtige Passwort nennen, um vorbeilaufen zu dürfen. Wenn du das geschafft hast, triffst du auf eine gesichtslose Menschenmasse, der du dich anschließt. Wenn du in der Schule angekommen bist, denk dran, dass du den Boden nicht berühren darfst, du versinkst sonst in Marshmallow. Und wenn du zu spät kommst, bewerfen dich alle mit Wasserbomben und du darfst nie wieder in dein Zimmer. Ach, vergiss die blaue Apfelsoße nicht, wenn du dir die Zähne löffelst.

  • Ich bin das erste halbe Jahr jeden Morgen eine halbe Stunde zu spät zum Unterricht erschienen. Ich war wohl pünktlich in der Schule, habe mich jedoch im Gebäude verlaufen. Der Eingang meiner Klasse war quasi gegenüber vom Haupteingang. Dazwischen war eine große Eingangshalle mit vielen Menschen, vielen Türen, vielen anderen Eindrücken und der ein oder anderen Treppe.

Dazu kommt die Gesichtsblindheit. „Triff diese eine Person, sie steht zwischen anderen Personen und/oder andere laufen dir über den Weg, du weißt nicht, was die Person für eine Kleidung trägt, ist ja auch egal, weil alle anderen das selbe tragen. Wenn du diese Person nicht direkt ansprichst, werden dich Spinnen von innen heraus auffressen.“

Autismus Erfahrung: 5 Fragen – von übergriffig bis cringe.

Ich bin bereits seit einigen Jahren auf diversen Plattformen mit Autismus Content und im Austausch unterwegs und konnte dadurch einige Erfahrungen sammeln zwecks Fragen, die mir gestellt werden. Fünf Fragen, die mir sehr häufig gestellt wurden/werden, möchte ich gern vorstellen und auch, wie ich damit umgehe, denn die ein oder andere ist recht übergriffig (oder ich empfinde es so).

Die beliebteste Frage, beinahe ausnahmslos von Herren gestellt, lautet: Kannst du Sex haben?

Diese Frage ist im Kontext zur Behinderung zu verstehen. Diese Frage wird mir von völlig fremden Menschen gestellt, oftmals ist es das erste, was ich von ihnen lese. Nicht mal ein „Hey“. Würden mir diese Menschen diese Frage auch stellen, wenn ich vor ihnen stünde? Vermutlich nicht. Diese Frage wird nicht immer exakt so gestellt, aber eben so und sehr ähnlich. Generell gilt: Schwachsinnige Frage, übergriffig und unangebracht. Jeder Mensch kann Sex haben, wenn er im Besitz seiner geistigen Kräfte ist und somit auf seine Art einwilligen kann. Demnach haben Koma-Patienten keinen Sex. Und wir haben, denke ich, alle eine Schule besucht. Sex/Intimität kann auf verschiedenste Arten stattfinden. Die Frage: „Wie kannst du Sex haben?“, ist genauso übergriffig. Diese Fragen stellt man niemandem einfach so aus dem Nichts heraus. Auch nicht online. Und das mit dem „Anonym“ ist ein Irrglaube.

Zur Häufigkeit: Diese Fragen bekomme ich an manchen Tagen mehrfach gestellt.

Nun, ich bin da im Grunde recht aufgeschlossen und mache meine Antwort von der Fragestellung abhängig. Ein guter Einstieg ist da, dass sich der Fragesteller (mindestens) bewusst darüber zeigt, wie Privat diese Frage ist. Um es mit den Worten jedes Anwalts (bzw. Anwältin) zu sagen: „Ein klares, es kommt drauf an“. 🙂

99% werden direkt geblockt. Das wäre auch mein guter Rat. Am besten immer blocken.

Wenn ich gut gelaunt bin, antworte ich irgendeinen Blödsinn. Einem habe ich mal geantwortet: „Nein, aufgrund der fehlerhaften Verdrahtung im Gehirn ist meine Vagina verschlossen.“ Daraufhin fragte er, ob er ein Foto davon bekommen könne. Na ja. Habe das dann seither nicht mehr geantwortet. Und natürlich geblockt. Manchmal gibt’s aber auf ne dumme Frage ne dumme Antwort (bevor ich blocke). 😉

Was mich daran am meisten schockiert: Diese „erwachsenen“ Männer stellen solche Fragen auf Plattformen, wo auch sehr Minderjährige aktiv sind.

Die zweite – sehr nervige Frage ist: „Was ist deine Inselbegabung?“

Nun, es gibt weltweit ca. 100-150 bestätigte Savant’s. Ich bin keiner davon. Hätte ja sein können, ich weiß. Wenn ich aber darüber nachdenke, dass auch viele andere Autisten diese Frage gestellt bekommen…suchen die Leute gezielt so jemanden? Warum? Was erhoffen sie sich dadurch? Einfach komplett sinnlos. Ich persönlich finde die Frage zudem noch übergriffiger, als die Frage nach dem Sex. Mein (passwortgeschützter) Beitrag zum Thema Hochbegabung war der unangenehmste, den ich je verfasst habe, ich denke, das merkt man vielleicht auch. Fühlte sich an wie nackt durch die volle Innenstadt laufen…multipliziert mit 10. Soll schon was heißen – bei mir. Ich mag dieses Thema gar nicht und rede nicht darüber. Weiß der/die Fragesteller/in natürlich nicht. Wird trotzdem wahlweise geblockt oder ignoriert.

Dritte Frage ist: „Kannst du alleine Wohnen?“

Okay, die Frage geht schon in Ordnung. Gewiss aber nicht für jede/n Autist:in, denn mir sind einige bekannt, die gerne möchten, aber nicht oder noch nicht können. Und das streut natürlich Salz in eine Wunde. Ich beantworte diese Frage aber in der Regel. Und auch die Folgefragen, ob ich einen gesetzlichen Betreuer habe oder brauche. Oder ob ich selbst Verträge unterschreiben darf. Diese Fragen sind halt wirklich sehr cringe. 😀 Verstehe aber die Neugier. Ich bin mein eigener Boss beantwortet die Frage, oder? 😉

Vierte Frage bzw. dies ist eine Aussage: „Reiß dich doch mal zusammen, mir geht’s manchmal genau so“.

Ob nun Behinderung oder chronisch Krank – Ständig hört man solche Aussagen (ganz oft auch von „Fach“-Personal“). Mein Mittelfinger antwortet inzwischen. Punkt. Diese Aussage ist nicht okay, sofern du nicht ganz genau so betroffen bist! Sie redet Probleme klein. Und allgemein: Wie darf man es recht machen? An einem guten Tag ist man nicht Behindert genug, an einem schlechten zu behindert. Na wie gesagt – Mittelfinger. Ich lasse mir schon lange nichts mehr gefallen. Nun, ich bin natürlich nicht wirklich so unhöflich (ok, manchmal doch, aber nur wenn ich weiß, dass der andere es auch wirklich sehen oder hören kann) Also nicht online. Aber ich breche Aufklärungsversuche schnell ab und ignoriere. Dafür ist mir meine Energie zu wertvoll.

Die letzte Frage: Wurdest du als Kind geimpft? Hast du es mal mit dieser oder jener Ernährung probiert?

Für die Beantwortung dieser Frage müsste ich besoffen sein. Ja, solche „Lebensretter“ (erinnert mich n bisschen an Euthanasie, aber egal) tauchen immer mal wieder auf. Besonders gern bei Eltern, die Unterstützung suchen für ihr autistisches Kind. Großen Bogen drum machen und ans qualifizierte Autismus-Zentrum wenden. Zum Beispiel. Autismus ist eine anerkannte Behinderung und man wird damit geboren. Manche „Lebensretter“ fühlen sich einfach nur so berufen, vielleicht aus eigener Erfahrung mit ihrem eigenen Kind..oh man.. Oder mit finanzieller Absicht. Es gibt kein Heilmittel für Autismus – und wenn es eines gäbe, würde ich es niemals verwenden. Lieber hab ich nen Knall, es ist meiner, und meine diversen Probleme, als nicht mehr ich zu sein. Ich kann mich oft nicht leiden, aber ich lieb mich sehr.

Autismus Erfahrung: Hochbegabung

Der Beitrag ist etwas emotional- persönlich geworden, daher Passwortgeschützt. Zum lesen einfach kurz anfragen.

Dazu irgendwie passend ein Zitat von Schopenhauer:

„Zwischen dem Genie und dem Wahnsinn ist die Ähnlichkeit, dass sie in einer anderen Welt leben als der für alle vorhandenen.“

Das beschreibt so schön mein Inneres. 1% vom einen, 99% vom anderen. Ich weiß nicht, was was ist, aber das macht es interessant.

Autismus Erfahrung: kleiner Ausflug zur Kommunikation

Eigentlich schreibe ich gerade an einem ganz anderen Thema, dieses Gedicht inspirierte mich jedoch zu einem kurzen Ausflug zum Thema Kommunikation.

Dazwischen...

Ich lese Wörter und verstehe, 
was ungesagt dazwischen steht, 
das was gemeint, nicht angesprochen, 
doch unverkennbar eingenäht.

Es ist mitunter klar ersichtlich, 
das andere dann wohl verdeckt, 
in der Metapher liegt die Wahrheit, 
egal wie gut sie sich versteckt.

Ich liebe Worte wie die Sprache, 
zum einen blumig, manchmal platt, 
die Höhen, Tiefen eines Ausdrucks, 
sie schauen wohl auf Dich herab...

© Maccabros 02./03.08.2022

Das ist so ziemlich die Antwort auf die Frage: Was ist das Problem (in der Kommunikation) zwischen Autist:innen und nicht-Autist:innen. Die Kommunikation von Autist:innen kann verbal und nonverbal sein, aber sie ist gewiss immer direkt. Wie immer bestätigen Ausnahmen die Regel, ich bin jedoch keine Ausnahme.

Die Frage, die ich mir grundsätzlich stelle ist, ergibt es Sinn, was ich sage, oder dass ich etwas sage? Bringt es mir oder der anderen Person einen Nutzen? Oder ist es Zeitverschwendung? Ich hasse Zeitverschwendung. Womöglich schadet es mir, etwas zu sagen? Wie/Was ist der langfristige Sinn?

Wenn ich also meine Frage mit einem begründeten ‚ja‘ beantworten kann, dann sage ich direkt, was ich sagen möchte. (Ich habe zwar auch Schwierigkeiten, richtige Worte zu finden und verliere mich daher oftmals in Erklärungen, dennoch meine ich das was ich sage.) Da steht nichts zwischen den Zeilen. Es gibt keinen Grund etwas anderes hineinzuinterpretieren. Auch dann nicht, wenn ich schweige. Denn wenn ich schweige, dann nur, weil ich diese Frage mit ’nein‘ beantwortet habe (Das kommt bei mir eher selten vor, meistens beschäftigen mich keine sinnlosen Gedanken). Sinn ergibt dann nur noch das, was ich eigentlich hätte sagen wollen, abzuhaken. Und ich verschwende keinen weiteren Gedanken daran.

Wenn ich etwas nicht sagen möchte, sage ich aber immerhin, dass ich etwas nicht sagen möchte.

Denn einen Sinn ergibt es ja bereits, wenn es mich, mein Empfinden oder was auch immer, erleichtert. Wenn ich jedoch dahingehend kein Bedürfnis habe, ist selbst der kleinste Sinn hinfällig. Mein Schweigen bedeutet also nichts. Man könnte auch sagen, dass mir Betreffendes egal ist.

Es steht nichts ungesagt dazwischen, es ist nur das gemeint, was gesagt wird/wurde. Nichts verdecktes. Keine Metaphern.

Niemand hat einen Nutzen davon, wenn Kommunikation schweigend oder durch eine Blume stattfindet.

Selbst wenn das ein oder andere Gesagte einen selbst, oder andere verletzt.

Ich bin jedoch bemüht, sensible Themen möglichst emphatisch zu besprechen. Mich jedoch in Euphemismen zu verlieren, habe ich nahezu komplett abgelegt. Eine Weile lang habe ich mich damit sehr intensiv beschäftigt. Bringt aber nichts.

Mir ist klar, dass nicht-Autisten sehr häufig so kommunizieren, wie im Gedicht beschrieben. Äußerst anstrengend. Ich tue mir selbst den Gefallen und verstehe ausschließlich das, was gesagt wurde. Ich lege zunächst meist nur wenig Bedeutung in die Worte und warte ab, ob sie der Wahrheit entsprechen (das offenbart sich meistens recht schnell). Und Schweigen hat für mich gar keine Bedeutung. Unterm Strich liegt in der Kommunikation viel Unwahrheit und viel Nichts. Es bleibt oft nervtötend und anstrengend.

Autismus Erfahrung: Schmerz (-Wahrnehmung)

Obwohl die Wahrnehmung in nahezu allen Bereichen erhöht ist (Stichpunkt: Reizfilterschwäche), ist die eigene Körperwahrnehmung oft gestört. So auch meine. Die Selbsteinschätzung ist da sehr schlecht. Ich bin da vergleichbar mit einer Katze: Schmerzen/Unwohlsein sind für die Besitzer oft erst dann erkennbar, wenn es der Katze extrem schlecht geht und selbst dann zeigen sich manchmal nur kleinste Verhaltensauffälligkeiten. So ist das bei mir. Wenn ich sage, dass es mir nicht gut geht, bin ich im Grunde schon scheintot. Bis dahin ist es eine Mischung aus nicht wahrnehmen, nicht zuordnen können, nicht wahrhaben wollen/ignorieren.

Ich versuche mich an sichtbaren/spürbaren zu orientieren. Abtasten, Vitalwerte, Hautveränderungen in Form von Rötung, Schwellung, etc, Veränderung bzgl. Ausscheidungen. Damit ich bei einem Arztbesuch mehr sagen kann als „durch den Körper wanderndes Unwohlsein mit Druckgefühlen, die auch Schmerz sein könnten“. Zumal ich Schmerz erst dann wahrnehme, wenn ich ihn quasi sehen kann.

Bei Autist:innen ist das sehr unterschiedlich. Manche sind sehr Schmerzempfindlich, andere reagieren kaum bis gar nicht auf Schmerzreize. Es gibt auch Autist:innen, die sogar beim Haareschneiden Schmerzen empfinden, obwohl das eigentlich aufgrund von nicht vorhandenen Schmerzrezeptoren nicht möglich ist. Trotzdem ist Schmerz generell ernstzunehmen! Ebenfalls braucht es einen sehr kompetenten Arzt, denn Symptome müssen oft explizit erfragt werden. In meinem Fall ist das nicht so. Ich bemühe mich, mit einem perfekt vorbereitetem Vortrag dort zu erscheinen. Ich bin eben sehr gern vorbereitet.

Abseits von diesem Thema hatte ich daher, so denke ich, auch den Ruf einer „Mutti“ in meiner ehemaligen Klasse an der Pflegeschule. Was immer jemand brauchte, es war in meiner Tasche. Und wenn es nicht da war, konnte ich es sehr schnell auftreiben. Es passiert also selten, dass ich in so spontane Situationen gerate/mich begebe, dass ich nicht für alle Eventualitäten gewappnet wäre.

Nun, so auch beim Arzt. Witzigerweise kommt da auch immer mein Bestreben auf, bei Prüfungen eine 1 zu erzielen. Ich versuche also so gesund wie möglich aufzutreten. Mein Arzt weiß das zum Glück und kann mich inzwischen sehr gut einschätzen. Mich, die Katze. 😉 Mein Benotungssystem ist halt etwas anders. Ne 1 ist okay, ne 2 ist ne 4 und ab einer 3 sind es nur noch 6en. Ich habe in der Pflegeschule ein mal ne 3 auf einer Klausur gehabt, das Thema war mir Latte, die Klausur auch, das Thema weiß ich aber noch und inzwischen würde es eine 1 geben. War mit mir selbst beschäftigt. Als mir die Dozentin diese aber mit den Worten „sehr gute Leistung“ wiedergegeben hatte, wollte ich ihr gern die Augen auskratzen. 😉 Zum Glück war das die einzige 3. (Wenn man mündlich benotete Gruppengespräche nicht mitzählt..)

Ich finde das deshalb so interessant, weil die Wahrnehmung durch äußere Reize so hoch ist, dass ich diese meist kaum ertrage und selbst gewollte Reize nur funktionieren, wenn ich meine natürliche Reaktion unterdrücke. (Vergleichbar (nicht gleichzusetzen!) mit dem unterdrücken von Tics bei Tourette, unfassbar anstrengend, auszehrend und ja, auch in gewisser Weise schmerzhaft). Bei diesem inneren Schmerz-Reiz diese Wahrnehmung aber auf ganzer Linie versagt. Wobei es mir bei bekannten Schmerzen deutlich leichter fällt, diese genau zu benennen. Klassisch zum Beispiel Unterleibschmerzen. Aber selbst da müssen die Schmerzen schon sehr stark sein, bevor ich diese kundtue.

Das könnte aber auch an meinem Partner liegen, welcher sich dann um mich „kümmern“ will. Nun, ich betüddel gern, aber ich werde nicht gern umsorgt. Mir reicht es, in mein Loch zu krabbeln und vor mich hin zu leiden. Und da mein Kreislauf schon eine ganze Weile nicht mehr so ganz da ist, werde ich das nun auch tun. Auf diesen Beitrag hatte ich dennoch Lust, oder einfach nur den Drang etwas zu schreiben.

Autismus Erfahrung. Lästig sein/werden. „zu viel sein“

Nach meinem Empfinden ist das eine Erfahrung, die ich schon länger nicht gemacht habe, was ganz einfach daran liegt, dass ich die Kapazität für meinen inneren Kreis auf ein Minimum beschränkt habe. Was aber nicht nur an meiner begrenzten Energie liegt, sondern gewiss auch daran, abgestoßen zu werden. (Ausgehend davon, dass ich nicht maskiere)

Wenn ich mich mit einer Person sehr wohl fühle, oder in einer Situation, dann bin ich meist „zu viel“. Zu schnell reden. Nicht zuhören, stattdessen lauter werden, wenn die andere Person etwas sagen möchte. Ich merke es selten, wann ein Gespräch beginnt, wann ich dran bin mit reden und wann ein Gespräch beendet ist. Und auch meine Themen sind begrenzt. Angenommen eine Person klagt über Bauchschmerzen, dann kommt man kurz von Hölzchen auf Stöckchen, darauf folgend ein zweistündiger Monolog über Ausscheidungen meinerseits. Also nicht über meine Ausscheidungen, sondern über das Thema allgemein. Nur so als Beispiel. Das lässt sich auch auf andere Themen anwenden.

Ich merke es dann nicht, wenn ein Thema unangenehm ist, oder ich zu viel rede. Okay, die gängigen Tabu-Themen sind mir schon bewusst, aber gerade über die weiß ich einiges. Alternativ gibt es einen Vortrag über (für mich) interessante geschichtliche Personen oder Ereignisse, womit ich mein Gegenüber dann ins Koma versetze.

Dabei habe ich eigentlich nichts dagegen, wenn mir mal jemand nen Vortrag hält. Ich liebe es, neues zu lernen über Themen, die mich interessieren.

Dazu kommt meine Direktheit. Ich sage Dinge, die ggf. verletzend sein könnten oder unangenehm. Auch das merke ich selten, weil für mich ein Thema wie’s Andere ist. Oder es ergibt für mich keinen Sinn, die Unwahrheit zu sagen.

Zu viel fühlen. Und das auch nicht verstecken. Oder gar nichts fühlen und auch das nicht verstecken.

Zu aufgedreht, zu laut, zu leise, zu vorhersehbar oder zu unberechenbar.

Manchmal kommt noch ne Comic-artige Mimik dazu.

Zu Flummi-artig aufgedreht.

Zu intensiv. Zu durcheinander. Zu melancholisch.

Zu viele Fragen. Manchmal auch die selben Fragen. Kann ja sein, dass die Antwort eine andere ist. Zu viele Aussagen.

Dieses „zu viel“ fällt mir schwer zu beschreiben. Aber nehmen wir nur mal dieses Blog. Ich schreibe unfassbar viel. Vielleicht landen 10% davon hier. Oder auch inhaltlich. Ja, mir wurde schon mitgeteilt, dass irgendetwas zu viel ist. Zu viele Buchstaben, zu unpassende Gefühle, was auch immer. Inzwischen habe ich zwei weitere Blogs.

Zu viel Leidenschaft für etwas, oder gar keine. Zu viel Freiheitsliebe. Einfach zu viel. Und ganz oft ist es auch mir zu viel. Aber ich kann ja schlecht vor mir selbst davonlaufen. Und ich sehe es nicht ein, mich mit Medikamenten ruhig zu stellen, um anderen in den Kram zu passen.

Zu viel mit anderen Dingen beschäftigt.

Die Erfahrung hat das im Groben und Ganzen auch geregelt. Ich habe ein System. Schweigen. Klappt nicht immer, aber meist. Das System hat eine Schwäche, denn selbstverständlich rennt mir niemand hinterher – und so wurde das gewiss das ein oder andere Mal aufgefasst. Merke ich zwar nichts von, aber ist über die Jahre bestimmt mal vorgekommen. Damit beschäftige ich mich aber gedanklich nicht, weil es mir egal geworden ist.

Alles in allem – zu viel.

Autismus Erfahrung: Von Liebe und Partnerschaft

Die meisten Autist:innen wünschen sich eine Partnerschaft, so wie sich auch die meisten anderen nicht-autistischen Menschen eine Partnerschaft wünschen. Der eine früher, der andere später, die einen Monogam, andere sind da aufgeschlossener. Partnerschaft ist also auch unter oder mit Autist:innen individuell, wie bei jedem anderen Menschen.

Die Schwierigkeit, eine:n Partner:in zu finden, besteht zunächst in der Kommunikation. Ich hatte bereits ein paar mehrjährige Partnerschaften und kann bei keiner genau sagen, wie diese überhaupt zustande gekommen sind. Gelegentlich scheint da das bekannte Fremdsprachenproblem kein großes Problem zu sein. Ich habe jedenfalls keine Ahnung, wie eine Kommunikation stattfindet, wenn es gezielt um die Partnersuche geht. Und was ist überhaupt Liebe?! Liebe ist für mich (meine Wahrnehmung) ein sehr schwaches Wort, obwohl ich es in meiner Schreiberei häufig verwende. Das ist aber etwas anderes. Aber das sollte ich wohl erklären.

Mit Liebe werfen Menschen um sich und oft wird es auch dazu verwendet, Menschen zu bewegen. Ich bewege mich aber lieber selbst. Liebe soll in der Theorie bedingungslos sein, ist aber oftmals mit Gegenleistungen verbunden. Für ein „ich liebe dich“ gibt es einen Kuss. Und dann ist da noch dieses „für immer und ewig“, welches eine Dauer von wenigen Stunden bis zum tot umfassen kann. Liebe ist ein so großes Wort, dass es geradezu danach schreit, ausgenutzt zu werden. Sage ich jemandem, dass ich ihn liebe, bekomme ich dafür dieses oder jenes. Ich sage nicht, dass das immer so ist, aber für mich gibt es passendere Bezeichnungen, jemandem meine Zuneigung auszudrücken.

„Du nervst zwar meistens, aber nicht so sehr wie alle anderen.“ – Wer würde so einen Satz verwenden, um zu lügen? Kann mir nicht vorstellen, dass der Satz empfohlen wird, um anderen Liebe zu zeigen bzw. diese vorzutäuschen, um irgendwelche ominösen Ziele zu verfolgen. „Ich mag dich“, finde ich auch noch gut. Nicht so gut wie den anderen Satz, aber besser als „ich liebe dich“. Außerdem ist er vielseitig nutzbar. Man kann ihn sagen, ohne sich selbst zu sehr zu offenbaren. Aber eben doch, um eine allgemeine Zuneigung auszudrücken, welche nicht auf einer Gegenleistung beruhen muss. Ich mag zum Beispiel auch sehr gern Aufläufe – man sieht es mir an. Könnte jeden Tag Brokkoliauflauf essen – ok, Brokkoli liebe ich wohl. 😀

„Ich liebe dich“, ist oft an Bedingungen geknüpft. Und diese Bedingungen gefallen mir gar nicht. Entweder wird man ausgenutzt, oder man wird eingesperrt (überspitzt dargestellt). Und plötzlich ist man nicht mehr nur ich, sondern ein wir. Da ich aber bereits Beziehungen hatte, war ich natürlich schon des Öfteren ein „wir“. Aber besonders angenehm finde ich das nicht. Dieses „wir“ besteht dann aus Zusammenlegungen und Kompromissen – und Gegenleistungen. Die wenigsten Menschen rechnen bewusst so, das ist mir klar. Und eine Beziehung kann sehr schön sein, auch das ist mir klar. Menschen, die sich in einer rundum glücklichen Beziehung befinden, arbeiten gewiss auch gern daran, dass diese Beziehung glücklich bleibt. (Ich hingegen frage mich, wo bei all der Arbeit der Lohn bleibt – bitte sagt nicht, dass der Lohn die Liebe ist, die ich dann zurückbekomme…so als Gegenleistung). Sollte das Ganze aber länger halten, wird daraus sogar eine Verpflichtung. Puuh. Das ist mir beim schreiben schon zu anstrengend.

Bevor ich aber nun zur negativ-Nase werde, spinne ich dieses Beziehungs-Dings mal weiter, obwohl man mich nun für Beziehungsunfähig halten könnte (wäre nicht schlimm, ich sehe mich selbst so – im Bezug auf diese normalen Beziehungen)

Nehme ich mal also mal an, dass diese anfänglichen Kommunikationsschwierigkeiten vor einer Beziehung irgendwie umgangen werden und es dann in eine Beziehung übergeht. Da bleibt dann dieses Problem weiter bestehen und als Bonus gibt es weitere Schwierigkeiten obendrauf. Kurz und Knapp würde ich aber sagen, dass es keine bzw. weniger Schwierigkeiten gäbe, wenn ich weiterhin so leben könnte, wie eine alleinstehende Person. Aber so läuft das nun mal nicht (warum nicht, ist mir schleierhaft – Steuererleichterung ist ja wohl kein Argument mehr).

  • Diese Schwierigkeiten fangen schon beim schlafen an: der/die Partner:in will kuscheln, will daneben liegen, schnarcht, atmet, schwitzt, ist warm oder kalt, bewegt sich, steht auf, usw. Das alles sind Reize, die natürlich auch während man als Autist:in schläft (oder versucht zu schlafen), ungefiltert eindringen, nebst den anderen Reizen wie Sturm, eine anders blubbernde Heizung/also ungewohnte/untypische Geräusche, die Party beim Nachbarn, etc. Die Qualität des Schlafes ist gestört.
  • Weiter geht es mit den Routinen – diese müssen in Kompromissen angepasst werden, manchmal sogar ausgelassen werden, sie sind durch die Anwesenheit ggf. gestört. Und im Grunde ist dann der ganze Tag im Eimer für einen autistischen Menschen.
  • Berührungen und Zuwendung: In einer Beziehung ganz normal und individuell. In einer Beziehung mit einer autistischen Person anders und auch individuell. Der eine Autist mag mehr, der andere weniger. Zu erkennen, was und wann der/die Partner:in etwas davon braucht, ist oftmals ausgeschlossen (zumindest bei mir, ich erkenne es nicht). Direkte, offene Kommunikation ist unabdingbar für die Dinge, die normalerweise intuitiv passieren. Berührungen finden bestenfalls nicht einfach so statt, sondern nach vorheriger Absprache.
  • Die gemeinsame Bleibe: manche Dinge müssen so passieren, aussehen oder irgendwo einen festen Platz haben, das ergibt für den Partner nicht immer Sinn. Ja, selbstverständlich haben auch nicht-autistische Menschen solcherlei Marotten, dennoch ist das nicht das Selbe! Für mich endet es in totaler Reizüberflutung, wenn Dinge (z.B.) an meinem Schreibtisch, einfach bewegt oder gar entfernt werden. Selbst wenn es nur eine leere Flasche ist. Das ganze ist unsagbar anstrengend und muss auch wieder durch Stimming kompensiert werden. Darüber hinaus verstärkt das mein Verlangen nach Rückzug.
  • Womit man beim nächsten wäre, dem Rückzug. Davon brauchen autistische Menschen in der Regel sehr viel, manchmal so viel, dass es für einen nicht-autistischen Partner zu viel ist. Womit dann die Bedürfnisse des anderen zu kurz kommen. Nehmen wir aber an, der Partner kommuniziert seine Bedürfnisse klar – und als Autistin gehe ich den Kompromiss ein, dann bedeutet auch das wieder erhöhter Stress.
  • Weiter geht es mir gängigen/alltäglichen Dingen wie das TV-Programm, die Ernährung, der Urlaub, usw. Autist:innen halten sich in der Regel an Bekanntes und lassen sich im Vergleich selten auf Neues ein. Sollte also Kochen nicht gerade ein Spezialinteresse sein, wie fändest du es dann, ständig die Selben Nahrungsmittel zu essen, die auch immer gleich schmecken, aufgrund von den selben verwendeten Gewürzen? Und macht es dir etwas aus, eine Serie zum zwanzigsten mal zu schauen? Und sofern Urlaub möglich ist, würden dir dann immer die selben Orte gefallen? Ich glaube das Problem ist klar.
  • Und bei Familienfeiern, geplanten/ungeplanten Geschenken geht es weiter.

Das ist wieder so eine Liste, die ewig weitergehen könnte, aber da der Beitrag sich nun schon zwei Din-A 4 Seiten nähert (nach Möglichkeit gehe ich nicht über diese zwei hinaus), gehe ich weiter.

Also angenommen diese/r nicht-autistische Partner:in hat mit all diesen Dingen kein Problem. Wie sieht das in der Praxis langfristig aus? Nun, entweder ist der/die Partner:in sehr verständnisvoll und stellt ggf. manchmal die eigenen Bedürfnisse hinten an (so wie es auch die/der autistische Partner:in tun müsste – das ist dann der Kompromiss), oder die Beziehung wird nicht lange halten. Oder der/die Partnerin ist ähnlich gestrickt, oder möchte gar keine gemeinsame Behausung. Das würde Probleme minimieren. Oder beide Partner sind autistisch und können sich dementsprechend leichter verständigen.

Dazu sei gesagt, dass Autist:innen in der Regel sehr loyal sind. Wenn ich zum Beispiel jemanden mag und diese Person nie schlecht zu mir war, mag ich diese Person selbst dann noch, wenn schon Jahrelang kein Kontakt mehr besteht. Was mich noch mal auf das Thema Liebe und mögen/nicht nerven zurückbringt. Jemanden zu mögen hat für mich mehr Gewicht, weil das eher Bedingungslos ist. Ich bin nicht sicher, ob ich das gut erklärt habe. Mir ist also egal, ob ich das selbe Gefühl zurückerhalte. Wenn man es aber zurückerhält, kann man eher davon ausgehen, dass es ehrlich gemeint ist. Und da ich generell Probleme damit habe, Menschen einzuschätzen, ist mir das so lieber. Außerdem lasse ich Menschen nur ungern in meine Gefühlswelt schauen (sagt die, die Gedichte schreibt). Mögen kann so alles sein, von ok bis super toll. Aber das ist dabei gar nicht wichtig – weil es ohnehin bedingungslos ist. Liebe aber muss supergroß sein. Das erwartet man im Normalfall. Dazu habe ich das Wort Liebe aber schon zu oft als Lüge gesehen (nein, ich war nicht persönlich betroffen).

Menschen sprechen oft von Liebe und zeigen dann, dass sie es nicht so meinten. Nicht so, wie es gemeint sein sollte. Das Wort Liebe wird zu leichtfertig benutzt. Das stört mich daran.

Wenn Interesse daran besteht, kann ich gesondert auch noch das Thema Autismus und Sex/Sexualität erläutern. Dazu gibt es ein paar allgemeine Informationen, die jeder googeln kann, aber da steht meiner Meinung nach eine Menge Blödsinn, wenn ich meine eigenen Erfahrungen betrachte und jene anderer Autist:innen, mit denen ich mich über die Jahre ausgetauscht habe. Da dieses Thema aber bei vielen Menschen ein Tabu-Thema ist, würde ich das nur machen, wenn es gewünscht wird. Für mich ist das ein Thema wie jedes Andere.

EDIT: So im Nachhinein fällt mir auf, dass ich das ganze möglicherweise etwas madig geredet habe. Ein Fakt ist aber, das trotz alle dem, so eine Beziehung sehr aufregend und erfüllend sein kann. 🙂 Autismus sollte also dahingehend niemanden abschrecken. Wenn man sich sehr gut verständigen kann, ist alles halb so wild. 🙂

Autismus Erfahrung: Gedanken, Gefühle, Handlungen und Absichten einschätzen

Vorweg möchte ich eine einfache Erklärung von Neurotypisch und Neurodivers anbringen.

Neurodiversität ist im Grunde alles, was von einer neurokognitiven Norm abweicht. Menschen mit (rezidivierender) Depression, mit Zwangsstörungen, Borderline, Bipolare Menschen, Hochbegabung, Synästhesie, Schizophrenie, Lernschwächen, AD(H)S und Autismus, und vieles mehr. Das Ganze ist ein riesiges Spektrum (natürlich nicht alles auf dem selben Spektrum)

Und neurotypisch ist eben das, was nicht von der Norm abweicht. Wenn man so will, ein netteres Wort für „normal“ (ein durchschnittlich funktionierendes Gehirn). Aber „normal“ ist ja das Gegenteil von „unnormal“ und das ist Ableismus. Gerade bei Einschränkungen und Behinderungen, die man nicht sehen kann, werden einem diese klein-geredet oder gar abgesprochen.

Das klassische Beispiel ist der Mensch im Rollstuhl: niemand sagt „na steh doch einfach auf“, anders herum wird gesagt, wenn der Mensch aus dem Rollstuhl aufsteht „wie, du kannst aufstehen/laufen?“ Beides nicht ok.

Zu einem Menschen mit Zwangsstörung sagt man aber auch nicht (als Beispiel) „dann kontrolliere doch einfach nicht ne Stunde lang, ob der Herd aus ist“, man sagt aber auch nicht „ach, hihi, da bin ich auch oft unsicher“ (das ist klein-reden von Problemen). Und es war noch keinem Menschen mit Depressionen eine Hilfe, wenn man ihm sagt „geh öfter spazieren, und lache auch mal öfter“. Genau so können Menschen die lachen Depressionen haben. Und so weiter.

Ja, das sind für einige Menschen nun vermutlich selbstverständliche Dinge, aber im Alltag merkt ein Betroffener, dass diese Dinge eben nicht selbstverständlich sind. An dieser Stelle kann sich jeder, ob Neurotypisch oder Neurodivers, ab und zu selbst reflektieren. Fehler sind nicht schlimm, sie so zu belassen schon.

In beiden Fällen sind Menschen individuell mit Stärken und Schwächen.

Nun aber zum eigentlichen Thema: Gedanken, Gefühle, Handlungen und Absichten (eines Anderen) einschätzen (können). Ein eher persönlicher Beitrag. Mit Triggerwarnung: Häusliche Gewalt

Aufgrund der allgemeinen Fremdsprache, von der Autist:innen mal mehr und mal weniger umgeben sind, (welche im gestrigen Thema „Kommunikation“ etwas behandelt wurde), ist es eingeschränkt, diese „gute Menschenkenntnis“ zu besitzen. Inzwischen, Aufgrund von Erfahrungen, besteht meine Menschenkenntnis aus einer Skepsis aus Prinzip. Das war aber nicht immer so, daher wühle ich ein wenig mehr in meiner Jugendzeit herum.

Wenn mich das durchgehende Mobbing in der Schulzeit eins gelehrt hat, dann so angepasst wie möglich zu sein. Das hat nicht so gut geklappt. Daher habe ich es später mit der Unsichtbarkeit versucht. Das habe ich inzwischen perfektioniert. Vor vielen Jahren ging das tatsächlich sogar schon mal so weit, dass mich das Einwohnermeldeamt nicht fand – nein, ich war nicht obdachlos. Ich musste ehemalige Adressen aus meinem Kopf kramen, (wir sind sehr oft umgezogen) an die ich mich kaum noch erinnern konnte. Hat dann aber geklappt. Aber zurück zum anpassen.

Ich erinnere mich, dass ich sehr oft in der Klasse saß, mich langweilte und dann die Personen beobachtete. Zwischenzeitlich war ich bekannt, als die gruselige Gedankenleserin. Das war aber nur ein kleiner Grund für das Mobbing. Denn abseits davon, hatte ich damals noch kein Problem damit, die Menschen einfach so anzusprechen. Und ich sprach ehrlich aus, was ich dachte. Ich fragte sie zum Beispiel, ob sie etwas bedrückt. Die Reaktionen darauf waren nicht positiv. Ich denke, dass ich einfach nur lernen wollte, wie ich die Mimik einordnen kann. Irgendwann ließ ich das bleiben bei diesen Personen. Ich beobachtete aber dennoch immer weiter. Und die Mädchen, die immer eine Freundin oder einen Freund bei sich hatten, diese Mädchen, auf die man gewartet hat, die, die interessant waren, sich interessant für alle anderen gemacht haben, die hatten immer einen Jungen an ihrer Seite. Es ging meist um die neuste Mode, (in dem Punkt habe ich aufgegeben, bevor ich begonnen habe) um die besten neuartigen Geräte, die zu der Zeit auf dem Markt waren (Nokia war noch beliebt und der Discman erfüllte seinen Zweck, sofern man regungslos dastand). Aber das Wichtigste waren die Jungs. Am besten jede Woche einen neuen. Von ein paar Ausnahmen mal abgesehen, die immer nur Jungs von außerhalb hatten, oder eine längere Beziehung, wo man sich dann gegenseitig mit ewiger Liebe zugesülzt hat. Letzteres wurde natürlich beneidet.

Irgendwann hatte ich dann auch einen Jungen von außerhalb und verbrachte meine Wochenenden dort. Und ich tat das, was erwartet wurde. Ging auf Partys, trank, rauchte, und darunter waren auch Dinge, die ich öffentlich gar nicht erwähnen mag. All das war „normal“ für mich. Ich war außerhalb, niemand wusste, dass ich anders war. Und viele Jahre war es ebenfalls normal für mich, seelische und körperliche Wunden hinter einem glücklichen Lächeln zu verstecken. Ich war Ende dreizehn/Anfang vierzehn. Aber ich konnte mich gelegentlich genauso interessant machen, wie die anderen Mädchen, wenn auch nur für kurze Momentaufnahmen.

Ich nahm an, dass Zwang und Gewalt hinter verschlossenen Türen, manchmal bis zur Bewusstlosigkeit etwas ist, was in einer Beziehung ganz normal ist. Und ebenso normal, diese bestmöglich vor allen zu verbergen, denn das taten die Anderen auch, so nahm ich es an. Niemand sprach darüber. Alles war immer toll, also war es das bei mir auch. Ich sah die Menschen immer nur händchenhaltend verliebt. Und so sah ich eben auch aus. Es war auch normal, mein Geld immer an diesen Jungen abzugeben und selbst nicht viel zu Essen. Es war normal, all das zu tun, was von mir erwartet wurde, was die anderen auch taten, oder womit ich sie vermeintlich beeindrucken konnte. Ob nun in der Schule (das klappte eher nicht), oder eben außerhalb, wo es meist gut klappte.

Als dieser Partner nach zwei Jahren endlich die Beziehung beendete, freute ich mich wie nie zuvor. Gelernt hatte ich leider nur das, was ich bis dahin eben gelernt hatte. Denn bei meinem Exmann, mit dem ich kurz darauf eine Beziehung einging, war es wohl noch schlimmer. Dass das nicht normal ist erfuhr ich erst, als ich bereits erwachsen war. Eine Sachbearbeiterin fragte mich nach meiner Ehe und wollte mich in ein Frauenhaus stecken – mehrfach. Sie war die erste Person, die mich gezielt fragte und die mir daraufhin sagte, dass das nicht normal ist und mir auch beantwortete, was genau nicht normal ist und wie es eigentlich sein sollte. Ich selbst habe diese geballte Normalität nie in Frage gestellt. Ich fragte mich allenfalls, weshalb andere Menschen das so erstrebenswert finden.

Damit schließe ich nicht aus, dass das auch nicht-autistischen Menschen passiert. Würde jedoch die Behauptung in den Raum werfen, dass das im allgemeinen nicht als „normal“ angesehen wird, sondern die Tatsache (zum Beispiel aufgrund von Emotionaler oder Finanzieller Abhängigkeit) eher verdrängt wird. Das macht es weder leichter/schwerer und auch nicht besser/schlechter. Aber hier geht es eben um meine autistische Wahrnehmung.

Nun, was im allgemeinen „Naiv“ genannt wurde, stellte sich als autistisch heraus. Inzwischen habe ich erfahren, dass häusliche Gewalt bei Autist:innen relativ häufig passiert. Bis heute empfinde ich das im Übrigen nicht als schlimm, denn es war ja normal. Am Ende war es sogar normal, sterben zu wollen.

Und auch heute habe ich noch Probleme, Menschen einzuschätzen. Fragen wie: was machst du, warum gehst du, wohin, was machst du da, warum machst du das, was fühlst du, etc…Ich glaube, wenn ich hier zu Hause jedes mal nen Euro bezahlen müsste, wenn ich das Frage oder gar hinterher laufe, um zu gucken, dann würde ich sehr schnell, sehr viel Geld ausgeben. Aber diese Fragen habe ich mir einfach angewöhnt, weil ich eben andernfalls überhaupt nicht einschätzen kann und dies dann mit großem Stress und Unsicherheit einhergeht.

Wie sich das im Alltag bemerkbar macht, kann ich kaum sagen, weil ich mich dazu viel zu selten in solche Situationen begebe. Damals wurde es wohl zum Teil sehr gefährlich, aber heute bin ich eben skeptisch. Halte Abstand, beobachte und muss nicht mehr dazu gehören.

EDIT: Nach dem Besprechen mit einer meiner Bezugspersonen komme ich zu der Entscheidung, hier die Kommentare auszustellen.

Autismus Erfahrung: Kommunikation

Zur Kommunikation gibt es wahnsinnig viel zu sagen. Ich finde, darin unterscheiden sich Autist:innen mit am häufigsten – von nicht sprechen bis hin zu viel sprechen, oder eben non-verbale Kommunikation ist alles dabei. Nur gar nicht kommunizieren geht nicht 🙂

Einen gemeinsamen Nenner kann ich jedoch spontan nennen – die direkte Kommunikation. Oder im Fall von dem Vier-Seiten-Modell (von Friedemann Schulz von Thun) die Sachebene. Wenn sich zwei Autist:innen miteinander unterhalten, kommen dementsprechend kaum Probleme auf, sofern sie sich, wie in der Regel zu erwarten, auf der Sachebene unterhalten. Neurotypische Menschen (NT’s) sprechen – und und vor allem verstehen – meist auf den übrigen drei Ebenen (Selbstauskunft, Appell, Beziehungsebene).

Ich versuche ein kleines Beispiel, die Erklärung fällt mir jedoch schwer.

Ich gehe mit einem NT an einem Blumenladen vorbei und sehe Blumen, die ich schön finde.

Ich sage: Die Blumen sind schön.

Und dies meine ich nur auf der Sachebene, davon ist generell auszugehen.

Ein NT versteht ggf.:

Die Sachebene „Die Blumen sind schön.“

Der Appell „Schenke mir die Blumen!“

Die Beziehungsebene „Du schenkst mir zu selten Blumen“

Die Selbstauskunft: „Ich bekomme selten Blumen“

Der NT geht los und kauft die Blumen, möglicherweise sogar genervt oder mit einem schlechten Gewissen?!

Ich bin sehr unsicher, ob das so korrekt ist. Aber es dürfte klar sein, was gemeint ist. Fachkundige unter euch dürfen aber gern korrigieren.

Wie liefe die Kommunikation besser ab? Nun, ganz einfach. Die Sachebene ist generell anzunehmen. Wollte ich also die Blumen, die mir gefallen, haben wollen, dann würde ich sagen „Ich kaufe mir diese Blumen“ – auch das ist wieder über die verschiedenen Kanäle zu verstehen. Oder ich sage/frage „möchtest du mir gern diese Blumen schenken?“ – und wieder, es kann anders verstanden werden. Unterm Strich meint ein:e Autist:in ganz einfach nur das, was sie/er sagt – und nichts anderes.

Wobei auch da – Sarkasmus und Ironie kann durchaus antrainiert sein – es bleibt spannend. 🙂

Als Nächstes hätten wir Redewendungen – das ein oder andere habe ich mir antrainiert, Sinn ergibt es jedoch oft nicht. Wieder ein Beispiel: „Der Fisch stinkt vom Kopf her“. Damit ist gemeint, dass die Führungsperson, zum Beispiel einer Firma nicht gut ist und daher das Unternehmen nicht gut funktioniert. Na, und warum sagt man das dann nicht? So genau weiß ich das nicht, ich vermute aber, dass es einfach nicht so ehrlich/böse?/direkt klingt. Aber wäre mit Ehrlichkeit nicht jedem mehr geholfen, als die Miesere hinter einem Sprichwort zu verstecken?!

Andererseits verwende ich mache sogar selbst – habe sie mir angewöhnt. Jacke wie Hose, Die Katze im Sack, Durch die Blume sagen, etc. Wenn ich jedoch darüber nachdenke, folgt auf eine Redewendung immer die Erklärung meinerseits. Und woher kommt eigentlich „Butter bei die Fische?“, das verwende ich des Öfteren – schaue gleich mal nach. Wikipedia klärt auf. 😀

Nun geht es weiter zu Kommunikationsschwierigkeiten – dabei kann ich nur von mir Sprechen. Denn dabei sind Autist:innen sehr unterschiedlich. Die einen sind, wie oben genannt, nonverbal, andere Plaudern sich die Seele aus dem Leib. Ich würde sagen, dass ich zu beiden Seiten gehöre. Bei Menschen, die ich sehr gut kenne/meine direkten Bezugspersonen (sind 2), kann ich sehr viel und sehr lange reden, ebenso ein Gespräch am laufen halten. Ich bekomme jedoch des Öfteren die Beschwerde, dass ich keinen zu Wort kommen lasse/es schwierig ist, gegen mich anzureden. Aber da sieht man, wie kommunikativ ich bin. 🙂 Bei Fremden jedoch bin ich meist nonverbal bzw. habe ich auch selektiven Mutismus. Schriftlich kann ich jedoch sehr aktiv sein, auch bei Fremden, manchmal sogar sehr gerne bei Fremden.

Ein Gespräch am laufen zu halten oder zu beginnen fällt mir jedoch immens schwer. Meist habe ich eine Menge fragen, sofern mich die Person interessiert. Hat dann aber wieder was von Kreuzverhör. Dann gibt’s noch die Alternative: „Wie geht’s dir – gut und dir – mir auch – was machst du – nichts und du – auch nichts. Manchmal bekommt man daraufhin ein Dickpic, was ich damit soll, weiß ich auch nicht. Hab mehr Penisse gesehen, als ich zählen kann (also nicht privat, sondern beruflich). Unterm Strich nutze ich sehr sehr gerne die blockieren-Funktion. Ich hasse Zeitverschwendung, obwohl ich sie in den Augen anderer vermutlich selbst betreibe.

Mit mir ins Gespräch zu kommen kann also sehr schwer sein und manchmal tut mir das auch weh. Denn es ist sehr selten, dass ich eine Person mag. Umso mehr freue ich mich jedoch, wenn jemand die Zügel in die Hand nimmt (das ist auch eine Redewendung, gell?!) und sich durch mein Schweigen durch quält. Fragen bekomme ich gerne gestellt und da habe ich im Grunde keine Tabu’s, will sagen, ein Thema ist wie’s Andere. So etwas empfinde ich aber als optimal. Ich kann eine Frage ausführlich beantworten und kann sogar eine Gegenfrage stellen. Nach meiner Erfahrung entsteht dies nur, wenn man sich gegenseitig mag. So zumindest mein Empfinden. Oder die andere Person ist ebenfalls sehr introvertiert – das ist dann wohl Pech für beide.

Kommunikation findet jedoch, wenn es nicht gerade nur schriftlich ist, überwiegend über die Körpersprache statt, Mimik, Gestik, oder der Tonfall.

Auch Autist:innen kommunizieren so nach Außen. Wenn ich etwas deutlich nicht möchte, dann sieht man das, wenn ich angespannt bin auch, oder auch, wenn ich mich sehr freue. Wie das aussehen kann, ist von Mensch zu Mensch individuell. Das Lesen jener Sprachen ist dann wieder schwieriger. Wenn die Mimik des Anderen ernst aussieht, mit heruntergezogenen Augenbrauen könnte das vieles sein. Hält er mich für dumm? Ist er sauer? Hat er eine Frage? Oder Bauchschmerzen? Komischerweise kann ich diese Dinge im Berufsleben, wenn nicht intuitiv antrainiert, dann eben durch Abfragen der Möglichkeiten oder durchgehen der Lösungswege. Im Privatleben schaue ich den Leuten oft nicht ins Gesicht, dadurch sind Personen auch eher geneigt zu sagen, was sie gerade nur zeigen. Nun ja, und die mit denen ich engen Kontakt pflege, kennen mich dahingehend ja auch schon.

Sicherlich lässt sich noch viel mehr zu diesem Thema sagen/schreiben, für heute jedoch soll’s das gewesen sein.

Demnächst weiter wird es gehen mit einem Thema, welches an dieses anknüpft: Gedanken, Gefühle, Handlungen und Absichten einschätzen können