Traum

weil sie friedlich sind

Er bleibt immer
bei den Geräuschen
die er kennt
täuscht ein Gesicht vor
das ihm die Menschen abkaufen
und trägt in seinen Händen
nur noch leichte Luft
weil die Wellen friedlich sind
in denen die Leidenschaft
einst ertrank

© Amy Herzog

Simulationen

Dann lebst du
in Simulationen
weil die echte Nähe
so nah kommen kann
und du fürchtest
ein mal zu oft
daran zu sterben

© Amy Herzog

in die See

Geh mit mir
in die nächstgelegene See
und drück mich
runter
ich will Farben
und das Paradies schmecken
bis meine Augen
in deinen verschwinden

© Amy Herzog

eine Muse war ich nie

Eine Muse war ich
denke ich
nie
und so gebe ich
dir
meine Jungfräulichkeit hin
und trinke Blut aus deinen Händen
wenn du mich am Ende
sterben lässt
oder dich
uns

© Amy Herzog

weil

Wir verlieren uns
gerade
in sinnlosen Halbsätzen
und in zusammenklebenden Nächten
obwohl es verboten ist
oder weil
wir uns finden

© Amy Herzog

deine Muse

Wie schnell küsst du
frage ich dich
so viele male Seidenpapier
Seele und greller Funken
Flug am Äther
ausgedehnt auf dich
und mich und
wundern uns doch später

Jetzt sagst du
und darin eine Welt
die versucht das längste
Leben zu finden
nur ach, diese Bedrängnis
oder auch Frei
ist denn nicht alles immer
irgendwann vorbei

Nein sagst du
in einem langen Roman
dem die Liebe fehlt
sei ich deine Muse eine Zeit
so wie dir dann dein
letztes Wort
vom Schmerz erzählt
und Irrsinn heilt

© Amy Herzog

die männer

seit ich denken kann
sind sie da
und werden irrer
weil ich andernfalls zu weit
entfernt bin

© Amy Herzog

wortlos

Schlaf jetzt, sagst du.
Weil wir nicht bereit sind
das zu sagen, was wir
beide denken.

© Amy Herzog

Lust auf:

Lust auf verbotene Gespräche unterm Vollmond. Auf Sand im Bett und Wasser zwischen der Haut. Auf Liebe ohne ersichtlichen Grund und fremde Geräusche, die nach Zuhause klingen. Darauf, die Unvollkommenheit festzuhalten und zu viel Menschlichkeit zu schmecken. Und auf das Gegenteil in jeder Sekunde. Auf Dinge, die niemand erwartet hat und auf Konsequenzen, über die man einfach lacht. Tiefsinn und Ewigkeit in jedem Atemzug und Sex, als würde er die ganze Welt retten. Lust auf Sein und nicht Sein, auf neue Definitionen, die niemand ausspricht. Verlieren und wiederfinden. Auf dumme Ideen, Enthusiasmus, Leichtsinn, und auf Gefühle, die in den Geschichtsbüchern stehen werden.

© Amy Herzog

unerkannt

Dieses Salz ist falsch
und mein Herz
im medizinischen Abfall
während ich vergebens darauf warte
etwas Leben
in deinen Augen zu erkennen
nähe ich meinen klaffenden Thorax
wieder zu
weil es nicht brennt
und du erkennst
mich
an nichts

© Amy Herzog

immer die bekloppten –

Es sind immer die Bekloppten –
Überseereisen. Nähe, Niagarafälle,
und weiter in den Marianengraben,
dann wieder über Distanzen wundern.
Utopien werden nach dem zweiten
Kaffee ausgeschissen. Klasse Dünger.
Mein Geschmack war schon immer
verkalkt – beantrage Stent.

starre

Bei dem Versuch
perfekt
(für dich) zu sein
hat sich mein innerstes Chaos
gehäutet
jetzt
bin ich wahr
nackt
während du dich in
Stille
vor deinem innersten Selbst
erschreckst

© Amy Herzog

tatentragen

wie groß meine
angst
war wusste ich
immer gestern und tat es
heute
und wie viel
schmerz
ich ertragen kann
werde ich immer erst morgen
wissen

© Amy Herzog

Gestank.

Immer nur
Eile da draußen,
innen alles flach und
totenstill.

Und beißender Geruch
nach Angst.

© Amy Herzog

trink

Komm,
und trink dich taumelnd
in mein Weltmeer
so komm,
und trink aus Lenden,
Lust und uns
mein ganzes Herz
leer

© Amy Herzog

zuvielwenig

Nach Aufmerksamkeit sehnen
mehr, mehr, mehr, mehr
und sich über Konstellationen wundern
die in Einsamkeit münden
dann fühlst du immer wieder mit den Augen
und verlierst dich selbst im Prolog

© Amy Herzog

profiling

Das fragile Kartenhaus
unberührt
aber
ich blicke tief
schnell
hinter die süßen Lügen
und schweige
denn der Mensch erzählt
seine Geschichte
immer

© Amy Herzog

reduziert

du hast meinen namen
reduziert
so oft
dass ich ihn selbst
nicht mehr erkennen kann
aber du kennst
mein ICH

© Amy Herzog

magnetisch

seitdem die zeilen
magnetisch
sind
bin ich in dir
und
bleibe
bis du es nicht mehr
verbergen
kannst

© Amy Herzog

totlachen.

Die Roadtripromantik war
eiweißreich
und kapselt sich in die Gesichtsmuskulatur ein –
wir lachen uns tot.

© Amy Herzog

notiz

auf dem zettel stehen
übriggebliebene gedanken
dopamin und nacht
eine handynummer ohne namen
und positiv ist
fast alles vergessen zu haben
tut am meisten weh

© Amy Herzog

nullachtfünfzehnmann

er ist ein nullachtfünfzehnmann
[verweilt in seiner phantasie]
in schwarz, erde und rot
mit einer vorliebe für paprika
blumenkohl und zucchini
zum frühstück deckt er
zwei scheiben pumpernickelbrot
mit sehnsucht belegt
und einem schluck utopie
in seinem kaffee
und dem unberührten wunsch
zwischen einsamkeit und fusseln
in seiner hosentasche

© Amy Herzog

verkleidet

ich bin dann immer zwischen
einer sauerstoff-stickstoff-verbindung
und dem laufen auf zuckerwatte
meine schritte kleben
und mein herz reißt alles umliegende
mit ins verderben
und dann wäre ich gerne leicht
verkleidet
nur für einen moment
denn die echtheit spielt in dieser welt
nur eine kleine nebenrolle
die den lauten knall verschweigt

© Amy Herzog

Romantik

Dann die Vorstellung
von Nebelschwadenromantik
und Sex im arschkalten Herbstregen
den wir nicht bemerken
weil der Vollmond unsere Sinne
in den Wahnsinn treibt

© Amy Herzog

Eine Nummer.

hab die Nummer gezogen
vertrocknete Tinte
auf Wangen
selbst
Hass
und Risse in der Haut
vom warten
und es geht schon lange nicht mehr
um die Wahl
weil Autobahnrauschen in mir
nachts in der Kälte
sitzt
und zählt
dabei will ich fühlen
immer nur
fühlen

© Amy Herzog

substanz

ich trinke
was immer mir die nacht
bringt
und spucke licht-
gelbenflüchtigflüssigenrotz
an die bordsteinkante
und denke
die geschichte hat
substanz

© Amy Herzog

Adieu

Hach,
immer nur Enden
Adieu
in der Stille
aber
irgendwann
fahre ich aus der Haut
bevor mich
der Himmel zwingt

© Amy Herzog

Zeit

Die Zeit ist genau der Punkt. Die Menschen wissen zwar, dass diese nicht unendlich ist, aber ihr Handeln ist verschwenderisch. Sie geben sich mit wenig zufrieden. Mit Quantität, mit Belanglosigkeiten, die doch nur zum ewigen Hunger führen. Und am Ende des Tages bleibt immer ein kleiner Moment für das Gefühl übrig, etwas verpasst zu haben. Dass etwas nicht genug war. Warum? Weil es nicht genug war. Und warum? Weil sich die Menschen mit weniger zufrieden geben, als sie glücklich machen würde. Und warum das? Weil Träume, solange sie Träume sind, nicht zerstört werden können. Aber hey, die Zeit ist nicht endlos. Die Zeit an sich, ja, aber deine Zeit nicht. Ich schaue nicht auf die Uhr, weiß nicht was heute ist und auch nicht was morgen ist. Irgendein Tag wird es schon sein und in mir ist es, wenn ich wach bin, ohnehin immer Nacht. Aber ich fühle sie mit Qualität. Nein, es handelt sich dieses Mal nicht um einen Schreibfehler. Ich fühle. Denn ich habe keine Zeit für weniger.

kalt

übrig bleibt schwappendes Blut
in rostigen Rohren
und das zu tief in dir Verborgene
weil ich es nicht mehr kann
bin ich kalt
und findest du mich nahe Nacht
erkennst du mich
nicht

© Amy Herzog

Dieses Salz ist
und würde es mich nicht zerreißen
könnte ich dich nicht atmen
nicht fühlen, oft
und dann die Sehnsucht nach
Kerzen und Zimt

© Amy Herzog

asystolie

bilder
in deiner berührung
setzen sich
in rippen gerahmt
zusammen
und mein herz
schreibt für einen augenblick
asystolie

© Amy Herzog

untertauchen

bis dahin tauche ich unter Wasser
und schmecke das Paradies
kippe Honig in meinen Verstand
Trauerweiden und Vollmond
wickle mich um den kleinen Finger
in einhundertprozentiger Schokolade
küsse aufgeschäumte Lippen
und verschwende das schönste Fragment
meines gebrochenen Herzens

© Amy Herzog

4 minuten

und jetzt ist alles wortrauschen
und mondsichel
genau zwischen kuss
und dem verschwitzten atemzug
war ich vier minuten
relevant in dir

und die totgeklatschte fliege
am nassen fenster
ist irgendwie trauriger als sonst

© Amy Herzog

mehr

Am Ende sind wir nur
Protoplasmen
[biete: frisch gereifte Eizellen
verlange: mikroskopisch kleine Fische
]
mit dem Drang zu ficken
und die Sehnsucht
nach mehr Bedeutung darin

© Amy Herzog

es tropft –

Durch die literarische Vollkatastrophe
die ich schreibe
tropft sich langsam Sperma
der verletzte Himmel
denkt an einen
tropfenden Wasserhahn
und meine erloschenen Augen
notiere ich am Rande
einer abgeschlossenen Welt

© Amy Herzog

eins

im verrückten
Geist
eines einsamen Schriftstellers
sind wir
die selbe Figur

© Amy Herzog

Der Moment davor

Der kurze Moment
davor. Es ist still.
Und dann behutsam:

Feuerwerksmagie
fließt in unseren Venen
Wasserfarbenozean
schwimmen
Fußbunte
Spuren auf der Haut
in Diamant
eingefasste Blicke
treffen sich
Lichtdurchflutet
im synchronisierten
Atemzug

© Amy Herzog

sehe dich

so tief in dir
ver
borgen
schwerklar
die Phantasie nur wo
ist dein Leben
und wann kommst du
heraus

sag mir
was passiert ist
hier
und ich sehe
dich an

© Amy Herzog

seekrank

diese vehemente erschütterung
in meinem körper
hinterlässt narben im asphalt

immer willst du rein
und wüten
hassen oder lieben
und weißt nicht wie das geht

diese zerstreutheit
in mir
hinterlässt mich seekrank

© Amy Herzog

hinterlassen

hinterließ sie
auf kaltgewordenen lippen
spuren einer wahrheit
(über mich)
und den schatten
angst
im spiegelbild
der zu tief verborgenes
aus mir spricht

© Amy Herzog

risiko

Es veränderte den Luftdruck
augenblicklich
wenn wir uns offen lägen
und könnten nicht mehr atmen
ohne Kuss.

© Amy Herzog

verlorener Glaube

im Spiegel sehe ich immer nur gelangweiltes vorhersehbares Gähnen an der Oberfläche statt meiner Kinnlade die auf den Boden knallt (weil es so überraschend sprachlos überschwappend mitreißend und so vollkommen unbeschreiblich bekloppt ist) und dann immer nur im Ofen aufgewärmte Gefühle und mein Glaube an die Liebe (stärker als jeder je empfundene Schmerz) geht allmählich verloren weil ich sie noch nie gesehen habe und selbst der Todeswunsch trinkt nur noch Kamillentee und träufelt künstliche Sehnsucht hinein

Sonnenseufzen

Der Rhythmus fällt
aus verblühten Gedichten
Sonnenseufzen
schlägt jede Nacht tot
deinen ausgetrunkenen Vollmond
übergieße ich mit frisch aufgebrühtem Sex
und wenn mein Herz noch taumelnd fragt
atme ich Träume in deinen Nacken
die mein Mund nicht mehr
zu spüren wagt

© Amy Herzog

Macht

diese unbegreifliche Macht
über dich
weil es tief geht
nicht langsam, behutsam
nein
wie ein Pfeil
aus einem gespannten Bogen
und die Angst
weil dieser Pfeil töten kann
stillschweigend
wie die Macht selbst

© Amy Herzog

wir sind alle nur Kinder

Am Ende des Tages
sind wir wieder wie Kinder
laut in uns und bunt
und das, was wir uns verbieten
zerrt unsere Gedanken.

Und dann erinnern wir uns zurück
an Stubenarrest
und an das tolle Gefühl,
wenn wir das, was uns verboten wurde
trotzdem gemacht haben.

© Amy Herzog

ad absurdum

wie frisch gemähtes Gras
Sommerregen
und Vollmondwinterblau
liegt dir meine Seele
kristallklar
offen
Tiefe tauchen
atmen und hoffen
weil ich viel zu nackt
meine Sinne
ad absurdum führe
so wie ich deine schwere
raue Haut berühre

© Amy Herzog

mein herz

aufbruch
in meinen augen
seelenschwere schwebt
und mein herz
es leidet, lacht und liebt
nur immer schwer
es wandert und es lebt

und wenn du es berührst
so hab nur keine angst
wie du verbrennst
es dehnt sich
zeigt dir weltenfarben
die du noch nicht kennst

© Amy Herzog

Wasser

Ich bin nicht das Wasser
das den Weg in den Fluss findet
wenn der Regen ihn belebt
und deinen Weg streift
immer wieder
schwebt

Ich bin das Wasser
das in der Erde versickert
wenn ich sie berühre
und ich fühle sie
die Erde
nah

© Amy Herzog

Duft

Kerzen
weiche Haut
erzählt Geschichten
schweigend
im Duft weißer Lilien
und Poren aus stöhnender
Lust die Kehle tropft
Seelenatmen
wie ruhig im Wind
der Wellengang
bewegt
auf deine Brust
sanft und
den zehrenden Klang
deiner Sehnsucht
im Kusse stillt
der Duft
aus
uns

© Amy Herzog

lache das Ende ein

Meine Haut
dünn
wie Papier
entzündet mit jedem Funken
Hoffnung
doch
nur ein Ölbrand
aus Lügen
egal
und etwas Charme
ich vergesse zu denken
aber zucke noch
gelassen mit den Schultern
dabei lache ich
mein Ende
ein
bevor es begonnen hat
– ich weiß.

© Amy Herzog